The Thursday Murder Club – Thomas Newman: „Ein Alterswerk“

Krimi geht immer. Das müssen sich auch die Netflix-Produzenten gedacht haben, als sie der Krimikomödie The Thursday Murder Club grünes Licht gaben. Im Mittelpunkt stehen vier rüstige Senioren in der luxuriösen Altersresidenz „Coopers Chase“. Ihr Hobby ist es, sich jeden Donnerstag zu treffen und alte ungelöste Kriminalfälle zu diskutieren. Und wie es in einem Krimi so ist, bleibt es nicht allein bei der theoretischen Diskussion: Ian Curren, einer der drei Besitzer des Anwesens, der verhindern will, dass das Altersheim in Luxus-Appartements umgewandelt wird, stirbt eines unnatürlichen Todes. Unter Verdacht steht der zwielichtige Ventham (David Tennant), der angesichts seiner umtriebigen Baupläne gute Gründe hätte, Curren aus dem Weg zu räumen. Doch als auch er bei einer Demonstration plötzlich tot zusammenbricht, ist der „Thursday Murder Club“ um Elizabeth (Helen Mirren), Ron Ritchie (Pierce Brosnan) und Ibrahim Arif (Ben Kingsley) gefordert. In Gemeinschaftsarbeit mit der Nachwuchspolizistin De Freitas (Naomi Ackie) versuchen die rüstigen Senioren, den mysteriösen Fall zu lösen. Eine ironische Mörderhatz in einer vornehmen Residenz – da mag man zunächst an die großartige Serie Only Murders in the Building mit Steve Martin denken, in dessen Fahrwasser auch die Netflix-Produktion unter der Regie von Chris Columbus (Kevin allein zu Haus) fährt. Doch The Thursday Murder Club schielt mehr Richtung Agatha Christie und bietet entsprechend gediegenes Sonntagstee-Krimikino – in warme Farben getaucht und mit mäßig zündendem Humor. Letztendlich braucht der knapp zweistündige Film viel zu lange, um seine umständlich konstruierte Handlung in die Gänge zu bringen, und zugleich fehlt es ihm, neben dem gemächlichen Erzähltempo, auch an echten Überraschungen und einem halbwegs spannenden Krimiplot, um zu fesseln. Mit den pfiffigen Knives Out-Filmen kann The Thursday Murder Club letztendlich nicht konkurrieren, sodass die illustre Starbesetzung die alleinige Attraktion der Produktion bleibt.

Der harmlose Oberflächenglanz der Inszenierung setzt sich auf der Tonspur leider fort. Thomas Newman, der im Oktober 70 Jahre alt wird, präsentiert mit seiner Filmmusik ein solides Alterswerk, mit dem er sich einmal mehr komplett in der eigenen Komfortzone ausruht. Beinahe jeden Instrumentierungskniff, jede harmonische Wendung und jedes elektronische Rhythmus-Pattern kennt man bereits aus seinen früheren Arbeiten. Das Hauptthema schmeichelt sich mit den typischen Newman-Streichern zwar in die Gehörgänge, ist aber im Grunde schon wieder vergessen, sobald der Abspann rollt. Das liegt schlichtweg daran, dass es unzählige ähnliche Melodien vom Komponisten gibt. Alles klingt hier vertraut und familiär, selbst die Einschübe indischer Folklore, die man aus den beiden Best Exotic Marigold Hotel-Filmen oder zuletzt Elemental kennt. Das passt zur Wohlfühlatmosphäre des Filmes, bei dem für die Hauptfiguren zu keinem Zeitpunkt echte Gefahr besteht. Doch der gefälligen Vertonung haftet so etwas Beliebiges an, zumal die flirrenden Klangebilde und Rhythmen keinen direkten Bezug zur Handlung aufbauen. Manchmal wünschte man sich beim Sehen gar, dass Newman mal die ein oder andere Spannungsszene zumindest musikalisch bedrohlich wirken ließe oder dass ihm in der ein oder anderen berührenden Szene – wenn es etwa um das Thema Demenz geht – mehr einfiele als nur die abgedroschenen Stilmittel seiner Dramen-Musiken.

Wenn dies die erste Filmmusik von Thomas Newman wäre, könnte man durchaus von einer charmanten, attraktiven Vertonung sprechen. Denn tatsächlich funktioniert das, was musikalisch früher schon funktioniert hat, in Grenzen auch hier. Neben einigen kurzatmigen atmosphärischen Stücken gibt es auch im Thursday Murder Club den ein oder anderen hübschen Moment, wie etwa das reizvolle Gitarrenspiel in Good People Bad Things. Das mysteriöse Spannungsmotiv (The Woman In White, ab 0:27 Min.) erfüllt seinen Zweck. Doch am Ende der kurzweiligen, sich aber redundant anfühlenden 41-minütigen Filmmusik vermisst man dann doch den inspirierteren Thomas Newman vergangener Tage – man denke nur an Oscar & Lucinda, The Good German, oder Little Women zurück. Doch fairerweise muss man sagen, dass die Vorlage auch nicht viel hergibt. The Thursday Murder Club ist eine banale Krimikomödie, die zu sehr auf die prominente Besetzung und eine Handvoll drolliger Dialoge vertraut. Die guten Abrufzahlen bei Netflix legen dennoch eine Fortsetzung nahe. Die Buchreihe von Richard Osman, auf der der Film basiert, besteht nämlich aus fünf Romanen. Das dürfte auch der Streaming-Anbieter auf dem Zettel haben. Krimi geht eben immer.

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