Home Alone – John Williams: „Stern der Weihnachtsfilmmusik“

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In der Weihnachtszeit ist Kevin allein zu Haus aus den Fernsehprogrammen nicht mehr wegzudenken und zu einem echten Evergreen und Klassiker geworden. Die Geschichte vom kleinen Jungen, der von seiner Großfamilie aufgrund abenteuerlicher Umstände daheim vergessen wird und das Anwesen gegen zwei tolpatschige Einbrecher verteidigt, bietet eine perfekte Mischung aus origineller Grundidee, überdrehtem Slapstick und weihnachtlichen Kitsch – Kunstschnee inklusive. Die Brutalität, mit der Kevin die beiden Übeltäter bestraft, wurde schon zum Kinostart immens kritisiert, die grundsätzliche Eignung für Kinder infrage gestellt. Der immensen Popularität hat diese Diskussion, die seitdem alle Jahre mal wieder aufgegriffen wird, letztlich nicht geschadet. Im Gegenteil. Eher hat sie dazu beigetragen, die Erinnerung an den Film wachzuhalten. Aus heutiger Sicht erscheinen solche Einwände ohnehin reichlich absurd. Die Gewaltdarstellung (die sich im zweiten Teil sogar noch steigert) ist nämlich derart comichaft überzeichnet, dass man eher an Tom & Jerry denken muss – als dass man sie als verharmlosend oder gar jugendgefährdend einstufen würde.

Zum zeitlosen Charme und Zauber trägt auch die Filmmusik von John Williams bei, die man ohne zu zögern als quintessenzielle Weihnachts-Filmmusik des US-Kinos bezeichnen kann – wenn man einmal von White Christmas, dem Weihnachtssong schlechthin, absieht, der 1942 für das Musical Holiday Inn (1942) entstand. Gleich zwei Home Alone-Songs gehören heutzutage zu den oft in Konzerten gespielten Standards: das auf dem Familien-Thema basierende Somewhere in My Memory und der wunderschöne Choral Star of Bethlehem. In Film erklingen sie absolut selbstverständlich neben berühmten Titeln wie Carol of the Bells, White Christmas oder Have yourself a merry little Christmas. Der festive Charakter zeigt sich auch wunderbar im orchestralen Making the Flight, das im Film die Szene begleitet, in der die McCallisters zu ihrem Flugzeug nach Paris hetzen. Dieses Stück hat Williams äußerst eng an den beliebten Trepak-Tanz aus Tschaikowskys Nussknacker angelehnt. Doch richtig übel nehmen kann man ihm dieses „Fast“-Zitat nicht. So lustvoll und mit Verve wie Williams, der hier offensichtlich viel Spaß beim Komponieren hatte, alle Elemente zu einem Zuckerguss vereint, das reißt mit und nimmt stilistisch gewissermaßen vorweg, was er in Hook und Harry Potter später weiterentwickeln sollte.

Was Home Alone von vielen anderen schwächeren Weihnachts-Filmmusiken unterscheidet, sind viele Faktoren: Am auffälligsten sind natürlich die prägnanten Leitmotive (fünf an der Zahl) und die Funken sprühende Orchestrierung mit Stabglocken, Celesta und feinen Soli der Holzbläser. Was aber Home Alone wirklich zum filmmusikalischen Weihnachtsklassiker macht, ist die perfekte Balance zwischen präexistenten und neu-komponierten Musikstücken, zwischen turbulentem Mickey Mousing und rührseligen Momenten. Zwar wird die Kitschgrenze erwartungsgemäß mehrfach überschritten, doch geschieht dies stets mit der Williams-eigenen kompositorischen Integrität, ohne beim Zuschauer ein allzu großes Völlegefühl auszulösen. Williams beweist sich damit einmal mehr als Bewahrer traditioneller Werte, die durch den Film bei allen wilden Komödien-Elementen zu keinem Zeitpunkt ernsthaft infrage gestellt werden. Für Weihnachtszyniker ist Home Alone darum zwangsläufig weniger geeignet. Wer aber dem Fest und Filmmusik etwas abgewinnen kann, der kommt an diesem Klassiker kaum vorbei.

Die Musik auf CD:

Die Oscar-nominierte Filmmusik wurde seit dem Kinostart 1990 gleich dreimal veröffentlicht. Alle Fassungen besitzen ihren eigenen Reiz. Das knapp einstündige Original-Album stellt die Filmsongs in den Vordergrund, ohne aber das Orchestrale dabei völlig zu vernachlässigen. Die von La-La Land Records zum 20. Geburtstag herausgebrachte Edition präsentierte erstmals die komplette orchestrale Musik, inklusive im Film nicht verwendeter Stücke. Die nachgereichte Edition zum 25. stellt beide Album-Fassungen auf einer Doppel-CD nebeneinander und überlässt es dem Hörer zu entscheiden, ob der Fokus mehr auf den Songs oder den orchestralen Anteilen liegen soll. Leider sind aber alle Fassungen der Filmmusik längst ausverkauft.

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