„Reise nach Italien“ – Dead Girls Dancing

Abitur bestanden. Alle Wege stehen offen. Die drei Freundinnen Ira, Malin und Ka nutzen den Sommer nach der Schulzeit für eine gemeinsame Autoreise nach Italien. Unbeschwert die Freiheit genießen, ein letztes Mal, bevor es dann mit dem Studium oder der Ausbildung weitergeht. Unterwegs gabeln sie noch die italienische Tramperin Zoe auf. Doch allzu weit kommen sie nicht. Nach einer Reifenpanne stranden die vier jungen Frauen in einem idyllischen, aber gespenstisch leeren Bergdorf. Kein Mensch ist weit und breit zu sehen. Die Freundinnen streifen durch die leeren Gassen, erkunden die Häuser dieses scheinbaren „lost place“, plündern den Supermarkt, stürmen die Kirche und genießen die unbeschwerte Zeit. Als eines Abends doch ein Auto mit Einheimischen ins Dorf kommt, eskaliert die Situation auf unerwartete und dramatische Weise.

Anna Roller setzt ihr „Coming of Age“-Drama Dead Girls Dancing (Deutscher Kinostart: 23. November) mitten in die Irrungen und Wirrungen unserer Zeit, zwischen dem Freiheitsdrang der jungen Frauen und den Zukunftssorgen angesichts der Bedrohung durch den unaufhaltsamen Klimawandel. Nah bleibt die Kamera an ihren Gesichtern, das 4:3 Format setzt den traumhaften italienischen Landschaften scharfe Grenzen. Lange Zeit bleibt dabei offen, in welche Genre-Richtung sich der Film entwickeln mag. So werden die jungen Frauen im Dorf von mystischen Gestalten beobachtet, ein Verweis auf die drei Hexen in Shakespeares Macbeth. Alles scheint hier möglich, vom Psychothriller bis zum düsteren Horror-Trip. Das Drehbuch spielt mit diesen Erwartungen, um sie dann aber geschickt zu unterwandern.

Doch leider gerät dieses Spiel mit Genregrenzen, mit dem Anna Roller, wie sie im Filmgespräch verriet, das Lebensgefühl junger Abiturienten abbilden wollte, nicht besonders überzeugend. Das liegt nicht zuletzt daran, dass man als Zuschauer nur sehr wenig über die Figuren, ihre Motivationen und Beziehungen zueinander erfährt und dadurch das angestrebte Thema nur oberflächlich berührt wird. Dazu wirkt die Handlung in vielen Momenten nicht sonderlich plausibel – das gilt insbesondere nach der überraschenden Wendung vor dem letzten Drittel, für die es in der Wirklichkeit zweifellos deutlichere Warnzeichen gegeben hätte. Die bewusste filmische Überzeichnung beißt sich da merklich mit dem ernüchternden Realismus des Filmendes. Dead Girls Dancing gelingt es letztlich aber nicht, beide filmische Ebenen schlüssig miteinander zu verbinden. Das ist schade. Denn wie Anna Roller ihr Regie-Debüt als mehrsprachiges internationales Projekt gestemmt hat, das beeindruckt. Doch schöpft ihr Film bei allen Ambitionen sein vielversprechendes Potenzial bestenfalls in Ansätzen aus.

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