Manchmal könnte man beinahe vergessen, dass Regisseur Roland Emmerich aus Deutschland stammt, so amerikanisch wirken seine Filme mit ihrem unverhohlenen Pathos und selbstverliebten Patriotismus. Doch der Erfolg gibt ihm recht. Die Amerikaner scheinen diese Art von Kino zu lieben und strömen immer wieder in Massen in die Kinos, um seine Filme wie Independence Day oder Stargate zu sehen. Mit ihnen ist Emmerich zu einem der erfolgreichsten und zugleich kommerziellsten Regisseure seiner Zeit geworden. Vom Beginn seiner Karriere an wurden seine Filme deshalb immer wieder mit denen Steven Spielbergs verglichen, dessen Popcorn-Kino Emmerich nachahmt. Im Hinblick auf Qualität als auch auf Erfolg blieben sie aber bislang meist deutlich hinter den Werken des großen Vorbildes zurück. Mit dem Historienfilm The Patriot, einem knapp 3-stündigen Epos über den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg wagte sich Emmerich nun erstmals, ein ernstes Thema aufzugreifen. Er folgt auch damit den Fußspuren Spielbergs, der ja ebenfalls seinen frühen Unterhaltungsfilmen opulentes Geschichtskino folgen ließ.
Bemerkenswert ist, dass für die Filmmusik Spielbergs langjähriger Hauskomponist John Williams gewonnen werden konnte. Schnell wurde das Demotape des gewöhnlich für Emmerich komponierenden David Arnold für ungenügend befunden und dessen Musik abgelehnt. Arnold dürfte die Entscheidung vermutlich gut verstanden haben, waren für ihn von Stargate bis Godzilla die Musiken John Williams doch offensichtliches Vorbild.
Die Partitur zu The Patriot ist eine typische Williams-Komposition, die im Vergleich zum Hurra-Patriotismus in Arnolds Independence Day einen vergleichsweise zurückhaltenden Grundton besitzt. Williams setzt erwartungsgemäß viel Blechbläser und militärisches Schlagwerk ein und bleibt durchgehend tonal und melodiös. Den leichten Americana-Anklängen und dem optimistischen Grundton folgen schnell düstere Klänge in melancholisch trauernden Streicherpassagen, die ein wenig an Angela’s Ashes erinnern. Sie beklagen den Verlust des Friedens durch die schonungslose Gewalt des Krieges. Wie fast alle Musiken im Werk von John Williams beginnt auch The Patriot mit einem einprägsamen Thema, welches nach der Gitarreneinleitung als wunderschönes Violinsolo erklingt. Es weicht schnell dem zweiten zentralen Thema der Partitur, das von Streichern und Bläsern vorgestellt wird, die an Dominanz gewinnen und schließlich von einsetzenden Trommeln und Piccoloflöten begleitet werden.
Williams bedient sich einer für ihn ungewöhnlichen Zahl an stilistischen Selbstzitaten. Far and away, Saving Private Ryan und Born on the 4th of July, die nicht zufällig als Temptracks verwendet wurden, sind nur die deutlichsten Einflüsse. In den dramatischen Passagen in Preparing for Battle oder Tavingston’s Trap erinnert The Patriot sogar an Star Wars – Episode I aus dem Vorjahr und in einigen ruhigen Stücken werden Anklänge an Angela’s Ashes sowie Amistad hörbar. Doch so derivativ sich John Williams auch zeigt, The Patriot ist ihm handwerklich perfekt und überaus unterhaltsam gelungen. Die großzügige, über 70-minütige Einspielung von Hollywood Records ist keine Sekunde langweilig und spielt brillant mit zahlreichen liebgewonnenen Stilmitteln des Altmeisters. Sicher zählt The Patriot nicht zu seinen wichtigsten Arbeiten, besitzt aber einen überaus hohen Unterhaltungswert.