Go East – Das scheint das Motto vieler Hollywood-Komponisten dieser Tage zu sein. Selten hat es so viele Filmmusik-Komponisten nach Asien verschlagen, um dort Filme zu vertonen. Vor ein paar Jahren war Ennio Morricone mit der Musik zur japanischen Miniserie Musashi (2003) der Vorreiter, 2004 komponierte Steve Jablonsky für den Zeichentrick Steamboy und vergangenes Jahr folgte dann Trevor Jones mit dem Actionabenteuer Aegis (2005) (beide ebenfalls aus Japan). Der Grund für diese Entwicklung liegt denkbar nahe: Filme aus Fernost sollen mittels international klingender Filmmusiken gegenüber dem Westen geöffnet werden. Dies war auch der Grund für Chen Kaige bei seinem farbenprächtigen Fantasy-Epos Wu Ji – The Promise auf die Dienste des gebürtigen Frankfurters Klaus Badelt (Fluch der Karibik, The Time Machine) zurückzugreifen.
Der junge Komponist wurde angeblich ein paar Wochen in Klausur geschickt, um sich näher mit der exotischen Kultur zu befassen. Es scheint geholfen zu haben. Denn Badelt präsentiert klangschöne üppige Sinfonik (vom China National Symphony Orchestra eingespielt), wie es sie von ihm bislang selten zu hören gab. Sein The Promise erweist sich als effektvolle Mischung aus westlich orientiertem Orchestralem und asiatischer Folklore. Dabei werden gleich mehrere Einflüsse spürbar: In den satten Unisono-Passagen der Streicher und in der rhythmischen Gestaltung sind die Klangwelten von Media Ventures durchaus erkennbar. Bei den lyrischen Instrumentsoli fühlt man sich aber auch an George Fentons Anna und der König (1999) erinnert und in mancher harmonischen Wendung mag man gar an die Abenteuermusiken eines Basil Poledouris aus den 80er Jahren denken. Doch Badelt gefällt sich nicht in einem reinen Last Samurai-Plagiat, sondern geht ein gutes Stückchen darüber hinaus. Seine Komposition verzichtet erfreulicherweise auf elektronisches Beiwerk und erweist sich als durchgängig detailreicher und flüssiger auskomponiert, als es bei einem typischen Zimmer-Werk der Fall ist. Delikate Instrumentsoli – vor allem durch die Solovioline, aber auch die Verwendung ethnischer Instrumente verströmen reizvolles fernöstliches Flair. Dazu sorgen kraftvolle, ordentlich durchstrukturierte Actionstücke für packende Dramatik in den Actionszenen.
Mitunter ist es jedoch des satten, vollmundigen Wohlklangs ein wenig zu viel, zumal Badelts Arbeit etwas zu sehr in filmmusikalischen Asia-Klischees badet, um den Vergleich zu den Vorbildern restlos abzuschütteln. Die Authentizität und Subtilität, die John Williams in seiner Memoirs of a Geisha-Partitur auszeichnete, fehlt hier leider. Auch thematisch zieht The Promise den Kürzeren. Zwar hat Badelt recht attraktive Melodien geschrieben. Doch keine von ihnen will so recht im Gedächtnis haften bleiben. Zu oft schon hat man Vergleichbares gehört: Leider hält sich auch die Variationskunst in Grenzen, da meist nur Instrumentierung und Tempi wechseln. Diesen Einschränkungen zum Trotz ist The Promise aber immer noch eine CD mit großen Hörqualitäten, die allen Liebhabern fernöstlich geprägter Kinosinfonik besonders ans Herz gelegt sei. Und was Filmmusiken im Dunstkreis der „Media Ventures“-Fabrik angeht (zu der Badelt nach eigenen Angaben nicht mehr dazugehört), da ist The Promise ohnehin eines der wenigen Highlights der vergangenen Jahre.