Einem international unbekannten Newcomer eine der erfolgreichsten Blockbuster-Reihen der letzten Jahre anzuvertrauen, das kommt in Hollywood wohl nur ganz selten vor. Und doch ist es bei der Verfilmung des fünften Harry Potter-Buches geschehen. Mit David Yates wurde ein Regisseur verpflichtet, der noch keinen einzigen Kinofilm inszeniert hat und bislang lediglich für das Britische Fernsehen tätig war. Seinen Haus- und Hofkomponisten durfte Yates gleich mitnehmen. Und so gibt ein weiterer Newcomer sein Debüt auf der großen Leinwand: der bislang nicht minder unbekannte Nicholas Hooper, der ebenfalls nur auf eine (allerdings bis in die 80er Jahre zurückgehende) Fernsehkarriere zurückblicken kann. Hooper tritt in große Fußstapfen. Vor allem John Williams hat die Serie mit seinen Vertonungen der ersten drei Potter-Folgen geprägt. Im kleineren Maßstab gilt dies auch für Patrick Doyle, dessen Musik zum vierten Film (Harry Potter And The Goblet Of Fire) zwar qualitativ gegenüber Williams abfiel, dennoch aber bestens unterhielt. Nun ist Hooper an der Reihe und vorneweg kann man bereits schicken, dass sich die Fußstapfen der Vorbilder doch als etwas zu groß erweisen. Auch wenn seine Komposition keinesfalls ohne Hörqualitäten ist, steht dieses Mal die Filmdienlichkeit im Vordergrund. Hooper hat eine subtile, stark auf die Filmatmosphäre zugeschnittene Vertonung geschaffen, die sehr geschickt die melancholisch-düstere Grundstimmung der Handlung unterstreicht, zugleich aber immer wieder auch ironisch-humorvolle Akzente setzt.
Seine Potter-Musik ist deshalb keine der großen Gesten, der elegischen Melodiebögen wie man sie bislang aus der Serie kannte. Das berühmte Hedwig-Thema von John Williams erklingt nur selten im vollen orchestralen Gewand. Stattdessen begegnen dem Hörer reizende Orchester-Miniaturen, luftige Scherzi, die mit dem prominenten Einsatz von Glockenspiel, Harfe und Klarinette vor allem die komödiantisch-ironischen Elemente des Filmes spiegeln. Es gibt keine echten Leitmotive, sondern vor allem situationsbezogene Motive, die sich allerdings wiederum einzelnen Figuren zuordnen lassen. So ist das Thema für den titelgebenden Phönix-Orden eine schwungvolle, muntere Streicherouvertüre. Sie fungiert quasi als Gegenstück zum eigentlichen zentralen neuen Thema, dem ironisch-gebrochenen Marsch für die diktatorische Hogwarts-Direktorin Umbridge. Beide Themen sind einander stilistisch so ähnlich, dass sie im „The Room of Requirements“ (im Film die kollagenartige Szene, in der Umbridge und der Hausmeister verzweifelt versuchen, die Versammlung der sich verschwörenden Zauberlehrlinge ausfindig zu machen) so reizvoll wie originell gegenübertreten. Aber auch das Hedwig-Thema wird zu Beginn des Stücks originell vom Glockenspiel als Kontrapunkt gespielt.
Es sind vor allem diese leisen, spielerischen Momente, die Hoopers Komposition einen ganz eigentümlichen Charme verleihen. Weitaus weniger gelungen sind hingegen die Spannungstücke mit statischem Chorraunen und oftmals allein vor sich hin brodelnden Klangflächen. So will nicht immer ein überzeugender Hörfluss entstehen. Exemplarisch sei nur das Eröffnungsstück genannt, eine luftige Streicherouvertüre, die so kurios wie abrupt mit dem harschen Spiel einer E-Gitarre endet. Zwar untermalt dieses Stück im Film die Eröffnungsszene auf dem Spielplatz (im „realen Leben“ von Harry Potter), doch für einen Fantasy-Stoff mutet dieser Kunstgriff seltsam deplatziert an. Überhaupt setzt sich die Musik in ihrer Zurückgenommenheit sehr stark von den stets üppig orchestrierten Vorgängern in der Reihe ab. In mancher CD-Kritik war zu lesen, Hoopers Vertonung klänge wie die zu einer britischen BBC-Produktion. Und tatsächlich ist da etwas dran, denn seine Arbeit wirkt doch etwas arg unscheinbar für einen Hollywood-Blockbuster wie Harry Potter es ist. Immerhin funktioniert die Musik zusammen mit den Bildern erstaunlich gut, vermag jedoch selten derartig zu glänzen wie im oben beschriebenen „Room of Requirements“. So bleibt Hoopers Vertonung im Harry Potter-Universum trotz feiner Momente mit deutlichem Abstand die bisher schwächste.