The Incredibles – Michael Giacchino

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Michael Giacchino scheint sich zum ersten Komponisten des Videospielsektors zu entwickeln, dem erfolgreich der Sprung in die A-Liga Hollywoods glückt. Dieser Werdegang stellt indes keine Überraschung dar. Mit seinen beiden Medal of Honor-Musiken und zuletzt Secret Weapons over Normandy begeisterte der Newcomer bereits als handwerklich talentierter William-Epigone, bevor ihm mit den blassen, aber funktionalen Arbeiten für die Serie Alias (jüngst erschien bei Varèse Sarabande die Vertonung der zweiten Staffel) der Sprung ins Fernsehgeschäft gelang. Bei der Pixar-Animation The Incredibles – Die Unglaublichen komponierte er nun erstmals für einen großen Mainstream-Film. Die Chance bot sich allerdings nur deshalb, weil der ursprünglich für das Projekt vorgesehene John Barry dem Wunsch der Produzenten, zu seinen Wurzeln der 60er Jahre zurückzukehren, nicht folgen mochte oder konnte und deshalb vom Projekt absprang.

Nun hat Giacchino den Unglaublichen eine Komposition beigesteuert, die als charmant-ironische Hommage an Barrys Bond-Musiken die typischen Klischees des Suspense-Scorings der 60er Jahre ins neue Jahrtausend überträgt. In seinem fulminanten Mix aus swingendem Big Band-Jazz und traditioneller Orchestersinfonik spielt der Newcomer auf berühmte Vorbilder an: Ob Barrys Goldfinger, Lalo Shifrins Mission: Impossible, Harry Mancinis Rosaroter Panther oder die Rhythmen der Flintstones: Sie alle standen Pate und lugen mehr als einmal musikalisch um die Ecke. Dass bei so vielen Referenzen und Stilzitaten der rote Faden und die eigene Handschrift des Komponisten nicht verloren gehen, gehört zu den besonderen Stärken der Vertonung. Die Kohärenz liegt vor allem in der überzeugenden motivischen Verarbeitung begründet. Zum Beispiel überführt Giacchino das heroische Hauptthema für Mr. Incredible immer wieder geschickt aus dem sinfonischen Kontext in die jazzigen Stücke, verändert es dabei in dem Maße, wie sich der Superheld langsam in einen Familienmenschen verwandelt. Aber auch die quirlige, funkensprühende Orchestrierung, in der typische Instrumente der 60er-Jahre-Filmmusik wie Xylophon, Marimba oder Vibraphon im Orchester zum Einsatz kommen und Trompetenfanfaren neben Saxophonsoli glänzen, trägt ihren Teil zum Gelingen bei.

Zwangsläufig hat die Komposition als sehr eng – für manchen Hörer vielleicht auch zu eng – mit den Vorbildern verbundene Hommage auch ihre Grenzen. Doch Giacchinos Die Unglaublichen muss sich keinesfalls hinter den Vorbildern der 60er Jahren verstecken, kann mit ihnen sogar in puncto Inspiriertheit, Pfiff und handwerklicher Finesse mühelos konkurrieren. Diese Eigenschaften machen die Musik nicht nur zu einer der unterhaltsamsten und mitreißendsten des Jahres, sondern könnten auch bei den Oscar-Nominierungen eine Rolle spielen. Auszeichnungen der Film Society in Las Vegas und Los Angeles hat Giacchino bereits gewonnen. Keine Frage: Mit The Incredibles ist ihm der verdiente Durchbruch gelungen. Ein Erfolg, nach dem sich andere Filmkomponisten seit Jahren vergeblich sehnen.