Secret Weapons over Normandy – Michael Giacchino

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Der Einfluss von John Williams auf die Musikwelt ist trotz der vermehrt Einsatz findenden Media Venture-Standards à là Hans Zimmer ungebrochen. Im besonderen Maße trifft dies auf den Spielesektor zu, in dem Komponisten wie Christopher Lennertz und Michael Giacchino in den vergangenen Jahren als besonders talentierte Epigonen des Altmeisters tätig waren. Beide stellen ihre Arbeit ganz in Dienste der Musikproduktion, die auf dem heimischen PC oder der Konsole ein gutes Stück Hollywoodflair versprühen soll. Die eigene Handschrift, wenn überhaupt ausgebildet, bleibt dabei fast zwangsläufig auf der Strecke. Giacchinos neuestes Werk, Secret Weapons over Normandy – wieder mal ein PC-Actionadventure zum Zweiten Weltkrieg – macht dabei keine Ausnahme und steht deshalb – trotz seiner durchaus vorhandenen Hörqualitäten – im Schatten des berühmten Vorbildes.

Giacchino bedient sich des großen Sinfonieorchesters (die Northwest Sinfonia) samt Chor. Stilistisch ist seine Arbeit vergleichbar mit Lennertz‘ Medal of Honor – Rising Sun (2003). Hüben wie drüben gibt es militärische Rhythmik, heroische Fanfaren und abhängig vom jeweiligen Schauplatz das passende ethnische Kolorit. Das von den Taiko-Trommeln geprägte Stück „The Siamese Coast“ oder der russische Choral in „Stalingrad“ sind nur zwei von mehreren Beispielen hierfür. Die Musik ist handwerklich tadellos gearbeitet, klingt aufgrund der Anleihen oftmals aber eher nach einem gehobenen Déjà-Vu-Erlebnis als nach wirklich begeisternder Kinosinfonik. Williams-Kenner werden eine ganze Reihe guter Bekannter wiedererkennen: Mit den Star Wars– und Indiana Jones-Musiken standen nämlich vor allem die klassischen Abenteuermusiken des Altmeisters Pate, aber auch Der Soldat James Ryan (1998) ist stets präsent.

So viele Manierismen tun nur bedingt gut, nicht zuletzt, weil Giacchino in seinen melodischen Einfällen dem Vorbild nicht ganz das Wasser reichen kann. Das Hauptthema, eine heroisch-pathetische Fanfare, die gleich zu Beginn des „Main Title“ von den Trompeten gespielt wird, ist zwar eingängig und wird durch die gesamte Partitur gekonnt variiert, lässt aber etwas an Durchschlagskraft vermissen. Stärker sind die (meist deutschsprachigen!) Choräle gelungen, die Giacchino in der zweiten Hälfte seiner Musik einsetzt, und mit denen er in Teilen an John Barrys The last Valley (1970) anknüpft.

Natürlich ist der musikalische Heldenpathos, der die gesamte Komposition durchzieht, primär Geschmackssache und in seiner möglichen Propagandawirkung sicher auch nicht unproblematisch. Wenn man davon aber einmal absieht, ist Secret Weapons over Normandy ein unterhaltsamer und gut durchkomponierter Score, der zwar im Schatten seiner Vorbilder steht, aber dennoch zum Besten gehört, was bislang für den Videospielsektor komponiert wurde.

Die Edition von LaLaLand Records kommt als Doppel-Album daher. Während die erste CD den eigentlichen Score enthält, bietet die zweite kleine Musikschnipsel, die Giacchino vermutlich für kurze Zwischen- und Zusatzszenen des Spiels komponiert hat. Diese kurzen Stücke sind ein netter Bonus, aber wohl kaum essenziell. Als besonders interessantes Extra erweisen sich hingegen die QuickTime-Videos für den PC, die sich mit den Aufnahmesessions auseinandersetzen, inkl. Interview mit dem Komponisten und dem kompletten Main Title. Abgerundet wird die schöne Veröffentlichung von einem zwölfseitigen Booklet.