Eragon – Patrick Doyle

Mit dem Drachenreiter-Spektakel Eragon läuft seit Mitte Dezember 2006 in den Kinos ein weiterer filmischer Versuch, an den großen Erfolg der Herr der Ringe-Trilogie anzuknüpfen. Die auf dem Roman von Christopher Paolini basierende Fantasy-Geschichte bietet jedoch nur einen müden Abklatsch der Tolkien-Verfilmung, plündert Handlungselemente aus zahlreichen Vorbildern. Rassen und Figuren sind dabei ebenso wie Kameraeinstellungen aus Star Wars und Herr der Ringe entliehen. Eragon schaut ebenso sehnsüchtig wie Luke Skywalker anno 1977 in den Sonnenuntergang. Und natürlich kommt er ebenfalls zu spät, nachdem die Farm seines Onkels(!) von den Schergen des Bösen verwüstet wurde. Der väterliche Berater muss wie schon Obi-Wan Kenobi und Gandalf im ersten Teil sterben. Und natürlich gibt es auch eine hübsche Prinzessin, die es aus den Klauen des finsteren Königs zu befreien gilt. Dazu kommt ein sprechender Drache, der an Dragonheart erinnert und zahllose weitere offensichtliche Verweise auf diverse Vorbilder. Doch auch die Inszenierung schwächelt: US-Regisseur Stefen Fangmeier hetzt so atemlos wie oberflächlich von einem Höhepunkt zum nächsten, die Spezialeffekte wirken oftmals billig, die Ausstattung (Kostüme, Sets) austauschbar und ohne Liebe zum Detail gestaltet. Dazu kommen fürchterliche Dialoge und völlig unterforderte Schauspieler wie John Malkovich und Jeremy Irons.

Das Beste am leidlich unterhaltsamen Fantasy-Streifen dürfte da noch die mit dem Londony Synphony Orchestra vorzüglich eingespielte Musik von Patrick Doyle sein. Der seit dem vierten Harry Potter Fantasy-erfahrene Komponist springt erfreulicherweise nicht auf den Zug gängiger Genre-Vertonungen auf. Weltmusikalische Elemente fehlen praktisch völlig und Chor bzw. Vokalise werden selten, und wenn überhaupt, nur sehr behutsam eingesetzt. Doyle setzt ganz auf üppige, kraftvolle Abenteuersinfonik in seiner typischen Handschrift. Dabei ist die Komposition überwiegend monothematisch angelegt. Das ist ungewöhnlich für einen Fantasy-Stoff mit epischem Anspruch. Doch wenn man bedenkt, dass die Inszenierung den jungen Drachenreiter praktisch kaum eine Sekunde aus den Augen lässt, macht diese konzeptuelle Entscheidung durchaus Sinn. So erinnert die Eragon-Partitur mitunter beinahe an ein „Thema und Variationen“ aus dem Klassiksektor. Ausgehend vom wuchtigen Eröffnungsstück Eragon, das stilistisch an Doyles Ouvertüre der Shakespeare-Verfilmung Viel Lärm und Nichts anknüpft, scheint das noble Eragon-Hauptthema praktisch in jedem Stück auf – sowohl in ruhigen, romantischen Momenten als auch zur Untermalung des wilden Schlachtengetümmels am Ende des Filmes. Variantenreich arbeitet Doyle mit diesem Thema, entwickelt aus ihm sogar das ein oder andere Nebenmotiv. Es ist eine prachtvolle, ohrwurmverdächtige und gewissermaßen auch tragfähige Melodie. Doch über eine knappe Dreiviertelstunde Spielzeit ist es des Guten dann doch ein wenig zu viel, fühlt man sich als Hörer vom häufigen Einsatz des Themas und den ebenso vielen Tutti des Orchesters übersättigt. Das liegt vor allem am Fehlen markanter anderer Akzente – sei es nun thematischer oder stilistischer Natur. Zwar gibt es Nebenmotive, etwa für den Drachen Saphira und den bösen Zauberer Duzar, doch bleiben diese sehr unscheinbar und letztlich kurzatmig, werden von der Präsenz des Hauptthemas zwangsläufig an den Rand gedrängt. Die wuchtigen Action-Tableaus (z.B. im zehnminütigen Battle of Varden) bringen ebenfalls wenig Abwechslung. Doyle lässt hier die Blechbläser wirkungsvoll – aber doch eher einfach gestaltet – über Media Ventures-verdächtiger Schlagwerk-Rhythmik einfache Spannungsmotive und das Hauptthema spielen.

Dennoch wäre es wohl zu viel gesagt, dass der Musik gegen Ende die Luft ausgeht. Zwar fehlt der Komposition trotz des großen Orchesters der epische Atem und der dramatische Spannungsbogen von Howard Shores monumentaler Herr der Ringe-Vertonung eine Fantasy-Vertonung für Arme ist Eragon deshalb aber gewiss nicht. Dafür ist Patrick Doyles Musik dann doch handwerklich viel zu ordentlich geraten und von den Shore-Musiken stilistisch auch genügend weit entfernt. Von einem blassen Plagiat (wie beim Film selbst) kann deshalb keine Rede sein. In einem schwachen Filmmusikjahr wie 2006 zählt Eragon sogar um zu den unterhaltsamsten Vertonungen des Jahres und den wenigen Highlights. Und das ist vielleicht mehr, als es die filmische Vorlage selbst verdient hat. Da würde der von Avril Lavigne zielgruppengerecht über dem Abspann gesungene Popsong Keep holding on schon besser zum Geiste des Filmes passen. Der zweite Song der CD, Once on every Lifetime“ von Jem, basiert wiederum auf dem Eragon-Thema von Doyle – immerhin ein netter wie seichter Abschluss der CD.