John Williams ist auch mit 70 noch ein viel beschäftigter und gefragter Mann. Im Jahr 2002 wird seine Musik in Star Wars – Episode II, Spielbergs Minority Report und dem neuen Harry Potter-Film zu hören sein. Der erste große Höhepunkt dieses Jahr bot sich dem Komponisten allerdings abseits des Kinos: Bei der Eröffnungszeremonie der olympischen Winterspiele in Salt Lake City am 8. Februar (seinem Geburtstag) hatte er die Ehre, die Uraufführung seiner Hymne „Call of the Champions“ vor einem weltweiten Publikum dirigieren zu dürfen. Genauso heißt auch die kürzlich von Sony Classical veröffentlichte CD, die das titelgebende Stück neben weiteren Orchesterwerken von Williams enthält. Die Olympiahymne, in der der Chor die lateinischen Zeilen „Citius, Altius, Fortius“ (zu Deutsch: „schneller, höher, stärker“) singt, erinnert deutlich an den Choral „Dry your Tears, Africa“ aus Spielbergs Film Amistad. Die prachtvolle Aufnahme besitzt jedoch genügend Eigenständigkeit, um auch trotz des offensichtlichen Vorbildes zu gefallen.
Der zweite wichtige Beitrag des Albums ist die Musik zu der American Journey betitelten Multimedia-Show, die Steven Spielberg anlässlich der Millenniumfeiern vor zwei Jahren inszeniert hat. Für das Spektakel hat Williams eine kraftvoll-pathetische Untermalung in bester Tradition seiner Filmmusiken geschaffen. Versetzt mit einer guten Prise Copland-Americana und einer die Blechbläser betonenden Orchestrierung, gelingt dem Altmeister hier zwar keine sonderlich originelle, aber insgesamt doch sehr klangschöne Vertonung. Der elegische und etwas naiv betitelte „Song for World Peace“ leitet die zweite Hälfte des Albums ein. Doch mit den folgenden Stücken ist Williams wieder im Reich optimistisch-froher Bläserfanfaren und schöner Streichermelodien. Die durchgängig leichtfüßigen Werke wie „Jubilee 350“, „The Mission Theme“ (das Thema der NBC Nachrichten) oder das für eine Hochzeit im japanischen Königshaus geschriebene „Sound the Bells!“ zeigen den Komponisten wie man ihn kennt und mag.
Auch wenn Williams in all diesen Orchesterwerken nette melodische Einfälle gelingen, sind diese dennoch nicht ganz so prägnant wie die Themen seiner jüngsten Filmmusiken, denen sie hörbar nahestehen. Anders als bei seinem Violinkonzert oder der Tondichtung Treesong (beide zusammen letztes Jahr von der Deutschen Grammophon veröffentlicht) entfernt sich Williams zu keinem Zeitpunkt weit von seiner Arbeit für die große Leinwand. Vielleicht liegt es daran, dass der Call of the Champions zwar ein schönes und unterhaltsames Höralbum bietet, gegenüber den letzten Filmpartituren aber dennoch merklich abfällt und aus diesem Grund zwangsläufig weniger interessant erscheint. Trotzdem macht dieser gut aufgelegte Williams Freude. Und eine willkommene Bereicherung der CD-Sammlung ist das Album in jedem Fall.