Mulan – Jerry Goldsmith

Es mutet schon ein wenig erstaunlich an, dass Jerry Goldsmith innerhalb seiner langen Karriere nur zwei Zeichentrickfilme vertont hat. Einer davon war der sehens- und hörenswerte The Secret of N.I.M.H. von 1982. Danach sollte es allerdings bis zum nächsten animierten Projekt, Disneys Mulan, ganze sechzehn Jahre dauern. Ob sich die meisten Hollywood-Produzenten solche Arbeiten für ihn schlichtweg kaum vorstellen können oder Goldsmith animiertes Kino weniger mag (schwer vorstellbar), bleibt bis heute offen. Für das mitreißende und schön gezeichnete Abenteuer Mulan war er jedenfalls bereit, die musikalische Verantwortung zu übernehmen. Neben den Songs von Matthew Wilder (Musik) und David Zippel (Text) schrieb er einen rund 45 Minuten langen Score.

Davon präsentiert die Disney-CD (kürzlich in einer verlängerten Fassung wiederveröffentlicht) eine gute halbe Stunde. Der Hörer erlebt hier eine äußerst reizvolle Routinearbeit des Altmeisters. Mit den Versatzstücken asiatischer Folklore, einem packenden heroischen Hauptthema und sauberem Actionscoring bietet die CD einigen Hörspaß. Zwar beschreitet der Altmeister kein musikalisches Neuland, zeigt aber einen netten, ansprechenden Umgang mit altbekannten Ideen und Stilmitteln.

Auch wenn Goldsmith auf geschickte Weise Zitate der Songs in seine Komposition einbaut, unterscheidet sich diese kaum von seinen normalen Filmmusiken. Ein Zugeständnis an das Zeichentrick-Genre gibt es also keinesfalls. Und das ist ein Glücksfall für den Film, denn Goldsmith verschafft diesem derart einen exzellenten dramatischen Rückhalt. Damit unterscheidet sich Mulan deutlich von den meist eher etwas leichtgewichtigeren Musiken des Disney-Stammkomponisten Alan Menken (z.B. The Little Mermaid (1989)). Die Songs des Duos Wilder/Zippel ergänzen das Album mit eingängig-harmloser Disney-Routine, sind aber wie immer professionell gearbeitet (und den Zeichentrickfilmen anderer Studios meistens überlegen) und bieten ein hübsches Gegengewicht zum vergleichsweise ernsthaften Gestus des Goldsmith-Scores.

Ein wenig schade mutet es allerdings schon an, dass die Originalmusik auf der Soundtrack-CD nicht mehr Raum einnimmt. Einige sehr schöne Stücke aus dem Film fehlen nämlich leider. Auch die beiden in der Wiederveröffentlichung neuen Instrumentals (eine nette Version der Ballade „Reflection“ und der etwas angestaubte Synthiepop im kurzen „Haircut“) helfen da wenig. Eine Promo der oscarnominierten Goldsmith-Musik wurde für die Jury der Academy herausgegeben, ist aber eine echte Rarität. Das ist besonders schade im Hinblick auf einen sehr unterhaltsamen Goldsmith-Soundtrack, der eine bessere Repräsentation verdient hätte.