Moulin Rouge – Craig Armstrong

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Moulin Rouge war einer der großen Publikumshits des Jahres 2001. Das Musical von Baz Luhrmann (Strictly Ballroom, Romeo & Julia) bietet opulentes, üppiges Ausstattungskino mit einer famosen Nicole Kidman in der Hauptrolle. Gleich achtmal wurde das rasante und farbenfrohe Spektakel für den begehrten Oscar vorgeschlagen. Für die Originalmusik erhielt Craig Armstrong den Golden Globe. Eine alberne Entscheidung der Jury, denn die Aufgabe des Komponisten lag hauptsächlich darin, ein Sammelsurium an alten und neuen Popsongs zu arrangieren. Der kleine Score-Anteil funktioniert quasi als Bindeglied zwischen den einzelnen Liedern und spielt insgesamt nur eine untergeordnete Rolle.

Im Mittelpunkt stehen die Songs, deren Produktion und Arrangement ein Mammutprojekt für Craig Armstrong darstellte. Für den Soundtrack plünderte dieser fröhlich im Fundus musikalischer Evergreens von Marilyn Monroes „Diamonds are the girl’s best Friend“ bis hin zu Madonnas „Material Girl“. Ob „Roxanne“ von Police, der alte Musicalsong „The Sound of Music“ oder „All you need is love“: Moulin Rouge ist ein Wiedersehen mit einer Vielzahl alter Bekannter. Die Arrangements sind mit viel Witz und Liebe zum Detail gestaltet. Die launige Version von „Like a Virgin“ oder die ironische Adaption von „Roxannne“ als Tango bereiten besonders viel Spaß. In Abwechslung zu den Tanzstücken steht herrlich pathosgeladener Kitsch wie „Come what may“ oder „One day I’ll fly away“. „Bigger than Life“ heißt die musikalische Devise, die prima zur schillernden Scheinwelt des Pariser Tanzlokals passt.

Darin liegt auch die einzige Schwäche des ehrgeizigen Projektes: Bei aller musikalischer Theatralik, die Armstrong inszeniert, fällt beim genauen Hinhören doch auf, wie inhaltsleer das Ganze ist. So bunt das Programm und raffiniert die Arrangements auch sind: Die Wahl der Songs ist eigentlich recht uninspiriert und wirkliche Überraschungen bleiben aus. Sei es drum. Die versammelten Kräfte (London Orchestra, Sidney wie Melbourne Symphony Orchestra) sind eindrucksvoll. Die Hauptdarsteller Nicole Kidman und Ewan McGregor beweisen dazu ungeahntes Gesangstalent und die tanzbare Musik besitzt einige Hörqualitäten.

Cover der Score-CD
Cover der Score-CD

Auf CD ist Moulin Rouge jedoch leider eine zwiespältige Angelegenheit. Das zum Filmstart veröffentlichte Soundtrack-Album enthält eine ganze Reihe vom Film losgelöster Popsongs und CD-Versionen von einigen Liedern, die sich deutlich von den Filmvarianten unterscheiden. Titel von Beck, Fatboy Slim sowie David Bowie kontrastieren mit den Musicalnummern von Nicole Kidman und Ewan McGregor. Deshalb wirkt die Zusammenstellung zwangsläufig unausgegoren und dürfte so manchen CD-Käufer enttäuschen, der den originalen Filmsoundtrack erwartet. Weniger dieses Manko, als der kommerzielle Erfolg von Film und Soundtrack haben zu einer zweiten Veröffentlichung geführt. Bei dieser CD sieht es erst einmal deutlich besser aus. Abgesehen vom „One Day I’ll fly away“-Remix sind alle Stücke in ihren Filmversionen zu hören. Mit drei Ausschnitten wird endlich auch etwas von Armstrongs Score geboten. Dieser ist recht atmosphärisch gehalten und im Stil seiner Romeo & Julia-Musik nicht unähnlich.

Die CD wirkt insgesamt geschlossener und ist durchweg unterhaltsam ausgefallen. Schade nur, dass bei einer Spieldauer von knapp 43 Minuten viel Platz auf dem Tonträger verschenkt wurde. Im Vergleich zu einer von Craig Armstrong selbst erstellten Promo-CD fehlen nämlich noch so manche Stücke. Einmal mehr haben bei Moulin Rouge kommerzielle Gesichtspunkte Vorrang vor einer idealen und sinnvollen Repräsentation der Musik erhalten. Während man sich darüber ärgert, könnte man glatt vergessen, welche imposante Arbeit Craig Armstrong hier geleistet hat. Für das Arrangieren und Produzieren präexistenter Musikstücke besitzt er ein gutes Händchen. Während seine reinen Eigenkompositionen meist eher blass sind, ist Moulin Rouge ein unterhaltsam-spritziges Hörvergnügen.