Die fabelhafte Welt der Amélie war der Überraschungserfolg des Kinojahres 2001. Die Liebeskomödie von Jean-Pierre Jeunet (Delicatessen, Alien 4) bekam nicht nur viel Kritikerlob, sondern sorgte auch für zum Teil wochenlang ausgebuchte Programmkinos. Was ist dran am Frankreich-Import? Nun, Jeunet erzählt eine im Grunde einfache Liebesgeschichte vor dem Hintergrund eines märchenhaft verklärten Paris. Diese strotzt jedoch nur so vor visuellem Einfallsreichtum, wundervollen Drehbuchideen und wird von genauso schrulligen wie sympathischen Figuren bevölkert. Das Geheimnis um diverse Passbildautomaten und einen auf Reisen gehenden Gartenzwerg sind nur zwei von vielen knuffigen Nebenhandlungen. Es ist diese Liebe zum Detail, die aus Amélie einen ganz besonderen Film – mit Zeug zum Klassiker – macht.
Eine Herausforderung auch für die Musik. Die ist ebenso verspielt und originell wie der Film selbst. Geschrieben wurde sie von Yann Tiersen (Kennern des französischen Kinos vielleicht durch seine Vertonungen von André Téchinés Dramen Liebe das Leben sowie Alice & Martin ein Begriff). Kurios ist die bunte Instrumentierung mit Spielzeugklavier, Glockenspiel, Banjo und Mandoline neben Akkordeon und Gitarre. Aber auch die schönen Melodien, die Tiersen raffiniert variiert, machen die Musik zu einem abwechslungsreichen Vergnügen. Wenn in Pas si simple eine Schreibmaschine unmerklich in die Musik integriert wird, das schöne Amélie-Thema als sanfter Walzer erklingt oder das Akkordeon französisches Lokalkolorit verbreitet, dann besitzt das merklichen Pfiff.
Die fabelhafte Welt der Amélie ist nicht nur auf filmischer, sondern auch auf musikalischer Ebene von geradezu entwaffnendem Charme. Yann Tiersen bringt mit seinen „kleinen“ Minimalismen in funkelnder Orchestrierung seine ganze eigene Tonsprache in das Medium Kino ein. Damit bläst er gehörig Wind in das oft von ausgelutschten Vertonungsstandards dominierte Komödiengenre. Die Filmmusik zu Die fabelhafte Welt der Amélie ist ein kleines Juwel und gehört zu den schönsten Filmmusiken des Kinojahres 2001.