Manchmal können Filmkomponisten ihre Hörer noch überraschen: Wer bislang dachte, Nathan Barr (Cabin Fever) sei allein für rocklastige oder dröhnende synthetische Vertonungen gut, muss sich spätestens mit dem Score zum „Torture Porn“-Schocker Hostel eines Besseren belehren lassen. Die im Spätsommer 2005 in Prag mit einem 70köpfigen Orchester aufgenommene Musik ist zwar alles andere als ein Meilenstein der Kinosinfonik, aber immerhin: Barr hat hier zum ersten Mal weitgehend sinfonisch gearbeitet und dabei durchaus versucht thematische Akzente zu setzen – etwas, das man von seinen früheren Musiken weniger behaupten kann.
Mit einer kinderliedartigen Vokalise (begleitet von Streichern und Harfe), die an Goldsmiths Poltergeist (1982) erinnert, und einem heroischen Thema, das leider viel zu selten erklingt, bemüht sich Barr die Musik vor der Beliebigkeit vergleichbarer Genrearbeiten zu bewahren. Doch so ehrenwert dieser Versuch auch ist: Am Ende siegt die funktionale Suspense-Musik dann leider doch über die thematische Verarbeitung, die abgesehen von einigen wenigen Stücken zu Beginn und kurz am Ende der CD praktisch nicht mehr stattfindet. Barr reiht krawallige Crescendi des Orchesters, endlose Ostinati von Streichern, Bläsern und Schlagwerk sowie synthetische Soundeffekte aneinander und bedient sich im Einsatz der Bläser ein ums andere Mal bei den modernistischen Matrix-Musiken von Don Davis.
So ist Hostel erfreulicherweise kein grausamer Rohrkrepierer wie es noch Cabin Fever war, aber letztlich ebenso weit davon entfernt, eine überzeugende Filmmusik zu sein. Das wenig transparente, etwas dumpf wirkende Klangbild der Aufnahme lädt ebenfalls nicht zum wiederholten Hören ein. So kann man Hostel nur hartgesottenen Fans des Genres bzw. des Komponisten guten Gewissens empfehlen. Für alle anderen Hörer dürfte die CD hingegen entbehrlich sein.