„Filmmusik in Hamburg“ – Hamburg goes to Hollywood – Adrian Kelly

(Mittwoch, 28. Juni 2006 in der Laeiszhalle Hamburg)

In den letzten Jahren waren Filmmusikkonzerte in Hamburg eher rar gesät. Bis auf den umtriebigen Frank Strobel mit seinen Stummfilmkonzerten gab es in der Hansestadt nur wenige Konzerte mit Kinosinfonik. Hamburg hat eine gewisse Tradition als E-Musikstadt, und da empfanden viele Programmgestalter diese Musik offenbar nicht als aufführungswürdig. Zuletzt hat sich diese Situation aber verbessert. Immerhin kann Hamburg für sich in Anspruch nehmen, dass hier vor ein paar Monaten die Weltpremiere der Matrix-Suite stattgefunden hat – mit einem finanzkräftigen Radiosender im Rücken, der heftig die Werbetrommel rührte, war dieses Konzert damals blitzschnell ausverkauft.

Nun hat sich auch das Harvestehuder Sinfonieorchester (www.harvestehuder.de), welches über die Stadtgrenzen hinaus kaum bekannt ist, zu seinem 40-jährigen Jubiläum unter dem Motto „Hamburg goes to Hollywood“ Filmmusik aufs Programm gesetzt. Eine ungewöhnliche Wahl für ein Jubiläumskonzert, bei dem man eher die 36.000ste Aufführung von Beethovens Neunter erwarten würde. Der geringe Bekanntheitsgrad des Orchesters resultiert wohl daraus, dass es sich beim Harvestuder Sinfonieorchester nicht um Berufsmusiker handelt. Die meisten Mitglieder sind Studenten der Hamburger Musikhochschule, aber auch ein paar begabte „Laien“ gehören zur Besetzung. Spieltechnische Perfektion durfte man deshalb nicht unbedingt erwarten, doch das Orchester hat seine Sache trotzdem recht souverän gemacht. Nur die Holz- und Blechbläser hatten manchmal ihre Schwierigkeiten. Letztere verschluckten bei schnelleren Passagen manchmal Töne – besonders auffällig beim Finale von Star Wars.

Das Programm bot eine Mischung aus viel Standardrepertoire (Star Wars, Schindlers Liste, James Bond) als auch einigen unbekannteren oder zumindest im Konzertsaal nicht so oft zu hörenden Werken – zum Beispiel Schostakowitschs The Gadfly und Pirogov. Diese dürften vermutlich vor allem dem hundertsten Geburtstag des Komponisten geschuldet sein. Überwiegend hinterließ der Klangkörper einen guten Eindruck. Selbst schwierige Stücke, wie die Prelude aus Psycho von Bernard Herrmann, wurden gekonnt gespielt, wenngleich die Interpretation der Musik ruhig noch ein wenig aggressiver hätte ausfallen dürfen. Auch die Solisten – bei Schindlers Liste die Konzertmeisterin Stefanie Scherpe – oder beim Warschauer Konzert des Briten Richard Addinsell – die Pianistin Mariana Popova – meisterten ihre Parts.

Eine lobende Erwähnung verdient die Moderation durch den Kleinkünstler Bodo Wartke. Zwar verstand er nicht mehr von der Materie als andere Moderatoren von Filmmusikkonzerten auch, aber zumindest war er dabei deutlich witziger. Nur manchmal glitt er ins Alberne ab. Dass er einen Song aus seinem eigenen Solo-Programm bei einem Filmkonzert brachte, empfand ich auch nicht unbedingt als passend. Am unangenehmsten fiel das Programmheft auf: Es wimmelte nur so von Tippfehlern, und auch einige sachliche Patzer schlichen sich in den Text ein: So wird dort Hans Zimmers Pearl Harbor John Williams zugeschrieben und dessen Zahl an gewonnenen Oscars mit 7 beziffert. Bei dem hochqualitativen Output der letzten Jahre mögen es vielleicht mal so viele werden, aber derzeit hat Williams die begehrte Oscar-Trophäe erst fünfmal in den Händen gehalten.


Das Programm:

  1. The Sea Hawk (Erich Wolfgang Korngold)
  2. Ovod (The Gadfly) (Dimitri Schostakowitsch)
  3. Warschauer Konzert aus Dangerous Moonlight (Richard Addinsell)
  4. Pirogov (Dimitri Schostakowitsch)
  5. Girl Crazy (George Gershwin)
  6. 20th Century Fox Fanfare (Alfred Newman)
  7. Gone With the Wind (Max Steiner)
  8. „Flight to Neverland“ aus Hook (John Williams)
  9. „Thema“ aus Schindlers Liste (John Williams)
  10. Forrest Gump Suite (Alan Silvestri)
  11. „Prelude“ aus Psycho (Bernard Herrmann)
  12. James Bond 007 Medley (John Barry u.a.)
  13. „Main Theme“ aus Star Wars (John Williams)
  14. E.T. (John Williams)
  15. Mission: Impossible (Lalo Schifrin)
  16. Winnetou (Martin Böttcher)

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