Dreimal eher leichte filmische Kost: Zwei sehr unterschiedliche Komödien aus Frankreich und ein Psychothriller mit Twist-Ending. Das bot der zweite Tag des diesjährigen Filmfests.
Die Fee – La Fée (Frankreich/Belgien 2011)
Seit einigen Jahren verbindet das Filmfest Braunschweig eine enge Zusammenarbeit mit der Haute Normandie, sodass jedes Jahr eine Reihe von Filmen aus dieser Region gezeigt werden. Eine der diesjährigen Produktionen ist die märchenhafte Komödie Die Fee – La Fée, bei der die drei Regisseure Dominique Abel, Fiona Gordon und Bruno Romy zugleich auch die Hauptrollen übernommen haben. In einer Mischung aus Jacques Tati und Mr. Bean erzählt der Film von dem gestressten Hotel-Nachtwächter Dom, dem eines Abends an der Rezeption die gute Fee Fiona erscheint und ihm drei Wünsche erfüllen will. Dom verliebt sich in Fiona, doch bald muss er feststellen, dass diese in eine Anstalt eingewiesen wurde. Eine absurde Abfolge von Ereignissen nimmt daraufhin ihren Lauf.
Mit absurdem, versponnenen Humor erzählt Die Fee eine einfache Geschichte, die oftmals so wirkt, als wäre das Drehbuch allein dazu entstanden, um einzelne Drehbuchideen miteinander zu verbinden. Dominique Abel, der ein wenig aussieht wie Steve Buscemi, trägt mit seiner feinen Mimik die Handlung als sympathisch-trauriger Außenseiter, in dessen Leben alles drunter und drüber geht. Leider ist der an sich charmante Film nicht in allem überzeugend: Schade zum Beispiel, dass er nicht offen lässt, ob Fiona tatsächlich eine Fee ist oder schlichtweg einfach nur verrückt. Zugleich funktioniert nicht jede der lose aneinander gereihten Episoden gleichermaßen. Gerade die zwei Tanzszenen wirken wie Füllmaterial, um Die Fee auf spielfilmtaugliche Länge zu strecken. So bleibt es letztlich bei einer amüsanten Komödie mit verschrobenen Humor, in der sich echte Kinomagie bedauerlicherweise nicht so recht einstellen mag.
Patient 17 (England 2010)
Wer ist Sarah Benedict? Die Patientin mit multiplen Persönlichkeiten wurde nach einem Selbstmordversuch in eine Klinik eingewiesen. Sie birgt offenbar eine mysteriöse traumatische Vergangenheit. Zwei Assistenzärzte versuchen, Licht in das Dunkel zu bringen. Doch es gibt offenbar auch noch zwei andere Ärzte, die ihr ganz eigenes Interesse daran besitzen, mehr über Sarah Benedicts Vergangenheit zu erfahren. Tuyet Lee, die in Personalunion zugleich Regie, Hauptrolle und Schnitt bei Patient 17 gestemmt hat, hat sich mit ihrem Psychothriller leider völlig übernommen. Die dilettantische Kameraarbeit, die mit ihren verwackelten, unscharfen Einstellungen irritiert, ist symptomatisch für einen Film, bei dem wenig zusammenpasst.
Dies geht so weit, dass das hanebüchene Ende (welches hier nicht verraten werden soll) das vorher Gesehene geradezu ad absurdum führt. Ähnliche Filme mit einem Twist Ending gab es in der letzten Dekade viele (z.B. Stay, Identität), doch selbst an diese mediokren Vorbilder reicht der filmisch bestenfalls auf C-Niveau rangierende Patient 17 nicht heran. Bezeichnend auch, dass Tuyet Lees Herzblut eigentlich daran lag, Menschen mit multiplen Persönlichkeiten zu zeigen. Warum sie dafür ausgerechnet einen Psychothriller als Form gewählt hat, weiß vermutlich nur sie selbst. Im Abspann zeigt sie dokumentarische Szenen einer Malerin mit 14 verschiedenen Persönlichkeiten. Diese bemerkenswerten Szenen aus dem realen Leben entlarven, wie sehr der ungelenk inszenierte Patient 17 eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema verfehlt hat.
Let my People go! (Frankreich 2011)
Ein schwuler Jude, der vor seiner orthodoxen Familie sprichwörtlich ans andere Ende der Welt – nach Fin(n)land – geflohen ist, kehrt in seine Heimat nach Paris zurück, nachdem ihn nach einem vermeintlichen Postraub sein finnischer Freund verlassen hat. Zurück in seiner Heimat wird er mit Religion, den Affären seines Vaters und der gescheiterten Ehe seiner Schwester konfrontiert und muss sich zugleich den Avancen eines älteren Anwalts erwehren. Kurzum: Sein Leben gerät völlig aus den Fugen und ein turbulentes Chaos bricht aus.
Mikael Buchs hat mit Let my People go! eine leichte, sympathische Komödie auf die Leinwand gebracht, die über neunzig Minuten gut unterhält, ohne dabei besonders tiefgründig zu sein. Das ironische Spiel mit jüdischen bzw. schwulen Klischees macht Spaß. Erfreulich auch, dass das Thema „Coming out“ hier einmal keine besondere Rolle spielt. Nicolaus Maury überzeugt in der Hauptrolle als wandelndes „Schwulenklischee“, ohne diese Rolle zu überzeichnen. Einwänden muss man nur, dass Let my people go! als Komödie allzu sehr stromlinienförmig und harmlos erscheint, um wirklich zu begeistern.