La Ville des Prodiges – Jean-Marie Sénia

In der viel strapazierten Diskussion um Hollywoodkomponisten wie Williams, Zimmer oder Goldsmith wird gerne vergessen, dass auch vor der eigenen Haustür in Europa immer wieder bemerkenswerte Filmmusiken entstehen. Man denke nur an die Werke polnischer Komponisten wie Kilar, Preisner oder italienische Namen wie Piovani und Bacalov. Eine sehr elegante wie schöne Musik für den spanischen Historienfilm Die Stadt der Wunder – La Ville des Prodiges schrieb der Algerier Jean-Marie Sénia. Der Film entfaltet gegen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in Barcelona eine dramatische Geschichte um Intrigen, Macht und Liebe.

Sénia entwirft dazu eine ruhige kammerspielartige Musik für ein kleines aus Streichern, Akkordeon, Gitarre und Klavier bestehendes Ensemble. Das Hauptthema, das in „Cité des Prodiges“ von Klavier und Akkordeon vorgestellt wird, bildet die Basis der Musik. Doch gelingen Sénia eine Reihe weiterer gelungener Themen, schön etwa das Pianostück „Le piano espagnol“, der Tango in „Ambition devorante“ oder das Akkordeonsolo in „Enfance Pauvre“. Reizvoll ist auch das Gambenspiel Laurent Lagardes, welches der Musik zusammen mit dem Akkordeon einen faszinierenden Charme verleiht. In den Variationen des Themenmaterials zeigt sich die klassische Ausbildung des Komponisten, zum Beispiel wenn das Hauptthema in „Onofre Bouvila“ sehr schön von der Gitarre gespielt wird. Doch das wichtigste verwendete Instrument bleibt das Klavier, das in fast allen Stücken auftritt und von Sénia immer wieder schön eingesetzt wird.

La Ville des Prodiges ist eine Komposition, die ihre Reize nicht zuletzt daraus bezieht, dass sie weitab von der momentanen Hollywoodsinfonik entstanden ist. Die Musik entwickelt eine zeitlose melancholische Atmosphäre, die in ihrer Stimmigkeit zu überzeugen weiß. Der 1947 geborene Jean-Marie Sénia ist ein Komponist, von dem in Zukunft hoffentlich noch mehr zu hören sein wird. Neugierig hat La Ville des Prodiges auf jeden Fall gemacht.