Der 1961 in Paris geborene Alexandre Desplat gehört zu denjenigen Newcomern, die sich in den letzten Jahren in der Amerikanischen Filmmusik-Szene etablieren konnten. Dieser Karrieresprung kommt nicht von ungefähr. Ausgehend von der lyrischen Partitur zum Kostümdrama Das Mädchen mit dem Perlenohrring, für die er seine erste Golden Globe-Nominierung erhielt, glänzte der Franzose mit vielseitigen und inspirierten Kompositionen, wie zum Beispiel dem minimalistischen Score zum Psychospiel Birth oder der kraftvollen Vertonung des Actionreißers Hostage. Seine jüngste Arbeit entstand für das brisante Politikdrama Syriana um die Machenschaften und Verstrickungen der Ölmafia im Zusammenspiel mit dem CIA. Auch sie fand das Lob der Kritiker und wurde Ende 2005 für den Golden Globe vorgeschlagen.
Der Score zum vielschichtigen Politikdrama steht im starken Kontrast zu den sehr lyrischen, melodisch orientierten Musiken Desplats wie Birth oder Das Mädchen mit dem Perlenohrring – ein Umstand der zwangsläufig dem zugrundeliegenden Thrillergenre geschuldet ist. Wenngleich sich in den pulsierenden Rhythmen und dezenten Minimalismen durchaus Querbezüge zu früheren Desplat-Partituren herstellen lassen, hat es der Hörer hier weitaus weniger leicht. Die bildbezogenen Spannungsuntermalungen drängen die thematischen Akzente merklich in den Hintergrund. Die beiden zentralen Motive, eine nachdenkliche Klaviermelodie als Hauptthema („Syriana“) und ein lakonisches – meist von der Harfe gespieltes – Motiv (erstmals in „Fields of Oil“ zu hören) werden von Desplat selten eingesetzt und kaum variiert. Recht hübsch sind immerhin die ethnischen Elemente integriert: Stimmungsvoll und dezent sorgen Soli des Armenischen Duduks für orientalisches Flair. Leider sind solche ansprechenden Momente rar gesät. Atmosphärische Klangkollagen und die vielfältig (zum Teil auch synthetisch) erzeugte Rhythmik geben den Ton an, bleiben dabei aber leider überwiegend bildbezogen. Dies tritt besonders dann unangenehm in Erscheinung, wenn die Rhythmik monoton auf der Stelle tritt oder stampfende Bässe Dramatik suggerieren sollen.
Als wirkungsvolle Vertonung kann man sich das alles im Film gut vorstellen: Von einer überzeugenden eigenständigen Komposition darf man hingegen nur in kleinen Teilen sprechen. Immerhin hat Alexandre Desplat mit Syriana einmal mehr Talent und Vielseitigkeit unter Beweis gestellt. Schade nur, dass er diese Qualitäten weitestgehend den Erfordernissen des Filmes untergeordnet hat.