Pino Donaggio besitzt eine treue Anhängerschaft, die beinahe jede seiner Musiken als Highlight feiert. Nur so ist es auch zu erklären, dass den Archiven immer wieder manche ältere Kuriosität aus seinem Schaffen entrissen wird. Ein Beispiel hierfür ist die Vertonung des Italieners zum unterirdischen Muskelmann-Spektakel Hercules aus dem Jahr 1983. Intrada hat diese Musik in seiner Signature-Reihe ausgegraben und gegenüber der fünfzigminütigen LP aus dem Entstehungsjahr um weitere zwanzig Minuten ergänzt. Damit liegt nun erstmals die komplette Komposition auf Tonträger vor. Angepriesen wurde die streng auf 1000 Exemplare limitierte Veröffentlichung als großsinfonische Abenteuermusik. Das stimmt im Grunde auch, doch Anspruch und Realität klaffen in diesem Fall doch weit auseinander. In jeder Note merkt man Donaggio den Wunsch an, populären Fantasy-und Abenteuermusiken der frühen 80er wie Conan (1982) oder The Dark Crystal (1982) nachzueifern. Doch von einer den Vorbildern ebenbürtigen Komposition, wie Intrada-Produzent Roger Feigelson mutig im Begleitheft spricht, kann wahrlich nicht die Rede sein.
Jenseits der heroischen Fanfare des Hauptthemas ist Hercules nämlich über weite Strecken überaus ungelenk komponiert. Eine Verarbeitung der zentralen Themen und Motive findet kaum statt. Die Spannungs- und Actionuntermalungen sind eher banal geraten. Einfache Blechbläser-Fanfaren (oftmals nur aus zwei Noten bestehend), polternde Pauken und nicht minder simple Ostinati werden von Donaggio schon fast beliebig aneinandergereiht. Dazu treten hier und da atmosphärische Orgel-Klänge und als Einsprengsel immer wieder typische Synthesizer-Spielereien der Zeit. Eine durchdachte Struktur fehlt dabei völlig. Seine besten Momente hat Hercules deshalb immer dann, wenn der Komponist das triumphale Hauptthema zitiert oder aber die romantischen Szenen des Filmes mit schönen, eingängigen Streichermelodien begleitet (recht ansprechend: Baby’s Ship #1 und das Love Theme). Hier macht sich nicht nur die italienische Herkunft Donaggios bemerkbar, sondern zeigt sich auch sein melodisches Talent. Leider gehen derartige lyrische Oasen im konfusen Orchester-Tumult unter, bleiben insgesamt zu rar gesät, um die Musik zu retten.
Die zahlreichen Fans des Komponisten haben derlei Einwände freilich nicht gekümmert. Die CD ist längst vergriffen und mittlerweile nur noch zu horrenden Preisen zu haben. Große Tränen muss man dem Ausverkauf allerdings wohl nicht hinterher weinen. Dafür gibt es zu viele bessere Alternativen auf dem Fantasy-Sektor (z.B. Krull und Willow von James Horner, Conan von Basil Poledouris etc.). Hercules bleibt dagegen eine filmmusikalische Fußnote der 80er Jahre, die nicht zuletzt auch ein Beleg für die begrenzten kompositorischen Fähigkeiten Donaggios ist. Aufgrund ihres rührend naiven Charmes und mancher netten Passage mag sie manchem Hörer möglicherweise dennoch gefallen. Mit einem milden Lächeln, mindestens eineinhalb zugedrückten Augen und viel 80er-Jahre-Nostalgie lässt sich die Musik immerhin ganz passabel goutieren.