„Frau am Rand des Nervenzusammenbruchs“ – Fucking Bornholm

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Der schöne Camping-Urlaub auf der dänischen Insel Bornholm soll es werden. Seit Jahren fahren zwei befreundete polnische Paare hierher, um mit ihren Kindern ein wenig Zeit am Strand zu verbringen. Doch dieses Mal ist alles anderes: Der frisch geschiedene David bringt neben seinem Sohn seine neueste Flamme mit. Und beim anderen Paar hängt der Haussegen schief, weil sich die im Alltag gefangene Maja von ihrem Mann Hubert mit den beiden kleinen Kindern zunehmend im Stich gelassen fühlt. Nach der ersten Nacht kommt es zu einem verhängnisvollen Vorfall: Das jüngste Kind wirkt plötzlich verschlossen und teilnahmslos. Es behauptet, Davids Sohn Kaj habe ihm den Penis in den Mund gesteckt. Doch wie geht man mit diesem Vorfall um, wie spricht man mit den Kindern über das sensible Thema? Schnell geraten alle vier ins Uneins darüber, wie am besten verfahren werden soll. Es ist der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, und der Auftakt zu einem immer weiter eskalierenden Streit, der alte Gewissheiten von Freundschaft und Ehe infrage stellt.

Zu den kristallklaren Streichermotiven der Filmmusik von Jerzy Rogiewicz, die wie ein akustischer Taktgeber funktioniert, und den präzisen Bildkompositionen von Jakub Stolecki entwickelt die Regisseurin Anna Kazejak in Fucking Bornholm ein bitterkomisches Beziehungsdrama, das einige absurde Wendungen bereithält. Dabei wählt sie eine konsequent weibliche Perspektive. Die Männer glänzen hier allenfalls durch ihr narzisstisches, mitunter debiles Gequatsche beim Biertrinken, während die eigentliche Erziehungsarbeit bei der unter Dauerstress stehenden Maja hängenbleibt. Sie ist es dann auch, die den in sich gekehrten Sohn dazu bringt, sich zu öffnen und auf Klärung drängt, während ihr Mann Hubert dem Konflikt nach einem kurzen Gespräch mit dem offensichtlich still leidenden Kind mit einem saloppen „Alles gut, es ist nur ein Jungensdings“ begegnet. Dieses Verharmlosen von Konflikten und die Unfähigkeit der Partner, echte Verantwortung zu übernehmen – ist ein wichtiges und leider immer noch aktuelles Kernthema von Fucking Bornholm. Und es ist äußerst vergnüglich anzusehen, wie der Film klassische Geschlechterrollen seziert und infrage stellt. Doch wie das Drehbuch Hubert und David als unsensible, verantwortungslose Egomanen überzeichnet, denen in Zweifel die teuren Räder wichtiger als die eigenen Kinder sind – das lässt bei allem Unterhaltungswert dann doch an satirischer Schärfe und Subtilität vermissen.

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