„Frisch verliebt in Kuba“ – Vamos a la Playa

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Die drei Studenten Benjamin, Judith und Katherina reisen zusammen nach Kuba, um Judiths abgetauchten Bruder Wanja zu suchen. Die Reise wird von Judiths und Wanjas Vater finanziert, der im Krankenhaus liegt und ein letztes Mal seinen Sohn sehen möchte. Doch alle drei verfolgen mit der Reise unterschiedliche Ziele: Während der rationale Benjamin sich ganz auf die Suche konzentriert, will Judith nicht wahrhaben, dass ihr Vater ernsthaft krank sein könnte. Sie möchte die Gelegenheit stattdessen beim Schopfe packen und hofft auf wilde Partynächte und schnellen Sex. Katherina dagegen ist mehr an der kubanischen Kultur und dem Kontakt mit den Einheimischen interessiert. Es kommt aber alles anders geplant: Während Judith bei ihrer Suche nach gekaufter Liebe auf unerwartete Schwierigkeiten stößt, verliebt sich Benjamin unglücklich in Katherina. Die hat sich aber wiederum längst in den Salsa-Lehrer Ignacio verguckt.

Bettina Blümner nutzt das eigenwillige Setting ihres Spielfilms Vamos a la Playa für eine ohne moralischen Zeigefinger ausgebreitete Reflexion zum Verhältnis zwischen Touristen und überwiegend armen Einheimischen. Wie aufrichtig kann ein Kontakt oder eine Beziehung sein, wenn das Verhältnis von einem derart großen finanziellen Ungleichgewicht gekennzeichnet ist? Und wo verläuft die Grenze zwischen Judiths Wunsch nach sexueller Selbstbestimmung und dem Ausnutzen prekärer Existenznöte? Und wenn man einer einzelnen Familie mit viel Geld unter die Arme greift, was bedeutet das dann für das soziale Gleichgewicht im Dorf? Alle diese Themen werden in Vamos a la Playa angesprochen. Doch leider kratzt das Drehbuch nur an der Oberfläche dieses Diskurses, weil es den Fokus immer wieder auf die Liebesbeziehungen der drei Hauptfiguren verlagert.

Auch manches Detail gerät wenig überzeugend: Wie überheblich Judith den Kubanern begegnet, wirkt platt überzeichnet. Exemplarisch zeigt sich dies in einer absurden Szene, in der sie ihrer Begleitung beim Abendessen Geld dafür anbietet, gegen seinen Willen, einen Salat zu essen. So recht mag man ohnehin nicht glauben, dass sie in der Realität ernsthafte Probleme hätte, ihre sexuellen Fantasien in die Tat umzusetzen. Auch die Figur des verschollenen Wanja bleibt schemenhaft. Warum er wochenlang alle Kontaktversuche abgeblockt hat, die Freunde aber dennoch äußerst herzlich empfängt, wird nie erklärt. Seine Forschungsarbeit zu den Seekühen bleibt ohnehin eine pure Behauptung des Drehbuchs, ebenso wie Katherinas urplötzlich auftretender Heiratswunsch.

So wirkt Vamos a la Playa wie eine unverbindliche filmische Versuchsanordnung, die mit vielen Plot-Elementen jongliert, diese aber nie in die Tiefe ausführt. Das ist dank des Drehs an Originalschauplätzen in Kuba und dem damit verbundenen Blick hinter die Postkartenkulissen des Landes zwar immerhin visuell attraktiv, bleibt aber ansonsten vieles schuldig. Das liegt auch daran, dass sich der Film nie traut, in aller Deutlichkeit die existenziellen Nöte der Kubaner dem naiv-überheblichen europäischen Blick auf das Land gegenüberzustellen. Der Blick auf die Auswirkungen des Massentourismus bleibt in Vamos a la Playa viel zu unscharf, um mehr als nur einen seichten Denkanstoß zu geben.

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