Die Hürden, die ein begabter Filmkomponist in Hollywood nehmen muss, um die Karriereleiter hochzuklettern, sind immens. Entscheidend ist vermutlich, am richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein und für ein prestige-trächtiges und nicht zuletzt auch erfolgreiches Projekt verpflichtet zu werden. Anderenfalls wartet das Schuften für wöchentliche Fernsehproduktionen und die berüchtigten Filme der zweiten Reihe. Der 36-jährige Christopher Lennertz ist einer dieser Komponisten, denen der ganz große Durchbruch bislang verwehrt blieb. Wie sein Kollege Michael Giacchino startete Lennertz zunächst im Videospiel-Sektor, wo er für Medal of Honor – Rising Sun vor einigen Jahren sein sinfonisches Talent unter Beweis stellen konnte. Fast zeitgleich gelang ihm mit der gelungenen Horror-Vertonung zu Saint Sinner ein weiterer Achtungserfolg. Danach folgte allerdings eine lange Durststrecke: unzählige Aufträge im Videospiel- und Fernsehbereich, mit denen Lennertz nur wenig Beachtung fand. Bezeichnenderweise wurde mit Ausnahme des genannten Saint Sinner keine seiner Arbeiten offiziell auf CD veröffentlicht.
Einen Einblick in das aktuelle Schaffen des Komponisten bieten die beiden ebenfalls bislang nicht kommerziell veröffentlichten Arbeiten zur unterirdischen Sandalenfilm-Persiflage Meine Frau, die Spartaner und ich – Meet the Spartans und dem Kinderfilm Alvin and the Chipmunks. Zu Alvin wurde eine scheußliche CD mit nervtötenden Piepsstimmen-Lieder – ganz im Geiste der beliebten Streifenhörnchen – auf den Markt geschmissen. Der eigentliche, orchestrale Beitrag von Christopher Lennertz ist da schon interessanter: Die überraschend integre Vertonung bietet sauber gearbeitete Komödien-Standards inklusive turbulentem Mickey Mousing und lyrischem Streicherwohlklang, ohne dabei stilistisch zu zerfasern. Ein recht passables, allerdings auch etwas unscheinbares Hauptthema hält die muntere Komposition zusammen. Hätte man diese Art Komödien-Vertonung nicht bereits unzählige Male in ähnlicher Form und mit meist deutlich mehr Pfiff von anderen Komponisten wie Marc Shaiman, David Newman oder Bruce Broughton gehört, ließe sich von einer unterhaltsamen Filmmusik sprechen. So aber bleibt es leider allein bei einer wenig originellen und auch ziemlich abgedroschen anmutenden Fingerübung, in der Lennertz seine Fähigkeiten im Umgang mit dem Orchester unter Beweis stellt, mehr allerdings nicht.
Ähnliches gilt auch für Meine Frau, die Spartaner und ich – Meet the Spartans. Auch hier erfreut zunächst die Ernsthaftigkeit, mit der Lennertz die Vertonung konzeptuell angeht. Der opulente Gestus der weitgehend orchestralen Arbeit – die Fanfaren und die poppigen Actionrhythmen, aber auch die sphärischen Vokalisen und das verwendete ethnische Instrumentarium (mal wieder das obligatorische Duduk) – knüpfen unmittelbar an die parodierten Vorbilder von Hans Zimmer & Co. (vor allem dessen Gladiator) an. Doch die episodenhafte Aneinanderreihung unterirdischer Gags fordert – anders als bei Alvin & the Chipmunks ihren Tribut: Die Kurzatmigkeit der einzelnen Musikstücke (die meisten kaum länger als eine Minute lang) und der fehlende thematische Zusammenhang – beides zwangsweise der wechselhaften Natur der filmischen Vorlage geschuldet – lassen nicht zu, dass die Komposition Kohärenz oder gar Eigenständigkeit entwickelt. Das ein oder andere weitere Zugeständnis an die Filmdienlichkeit – wie krachende E-Gitarren (Dilio attacks Cliff) sorgen zusätzlich dafür, dass die Vertonung abseits der Bilder doch sehr unbefriedigend wirkt und nicht zu überzeugen vermag.
Wenn man einmal davon absieht, dass dieser Tage unzählige schwache Vertonungen unnötigerweise auf CD gepresst werden, kann man verstehen, dass die beiden vorgestellten Arbeiten von Christoper Lennertz einfach nicht genügend kommerzielle Zugkraft für eine eigene CD-Veröffentlichung besitzen. Der Qualität der Musiken werden durch die jeweiligen filmischen Vorlagen unmittelbare Grenzen gesetzt. Wie vor ihm Michael Giacchino braucht Christopher Lennertz deshalb in Zukunft ein Projekt mit genügend Prestige und Breitenwirkung, um den Durchbruch zu schaffen. Und dazu gehört nicht nur ein guter Agent, sondern auch das nötige Quäntchen Glück. Immerhin waren die Streifenhörnchen von Alvin & the Chipmunks in den USA mit Bruttoeinnahmen von über 215 Millionen US-Dollar ein veritabler Überraschungserfolg. Vielleicht besteht ja doch noch Hoffnung für den talentierten Newcomer. Zu wünschen wäre es ihm.