In den 80er und 90er Jahren gab es unzählige Filmmusiken, die zum Kinostart unveröffentlicht blieben. Die Studios setzten damals lieber auf Song-Alben, von denen man sich größere kommerzielle Zugkraft versprach. Eines der prominentesten Opfer in dieser Hinsicht war Alan Silvestris Zurück in die Zukunft von 1985. Die Musik erschien in kompletter Form erst ein knappes Vierteljahrhundert später bei Intrada Records. Das gleiche Schicksal teilt auch Ghostbusters II von 1989. Hier mussten Fans bis 2021 warten, als sich Sony Classical erbarmte und Randy Edelmans Vertonung erstmalig einem breiten Publikum zugänglich machte. So erfreulich es ist, dass diese Lücke endlich geschlossen wurde, stellt sich beim Hören allerdings schnell Ernüchterung ein. Denn Ghostbusters II untermauert, wie wenig Bedeutung die Macher seinerzeit – im Grunde wie beim ersten Teil – der Musik jenseits der Chart-Songs schenkten. Die Nachfolge von Elmer Bernstein trat Randy Edelman an, der seinen Durchbruch ein Jahr zuvor bei Ivan Reitmans Schwarzenegger-Komödie Twins – Zwillinge gefeiert hatte – der Beginn einer Jahrzehnte lang andauernden Hollywood-Karriere. Nach Absprache mit dem Regisseur, der angeblich im Streit mit Bernstein auseinandergegangen war, verwarf der Newcomer allerdings alle vorhandenen Leitmotive des ersten Filmes und wählte stilistisch einen komplett frischen Zugang für die neuen Abenteuer der Geisterjäger.
Doch bei Edelman heißt das: Wo Edelman draufsteht, ist auch Edelman drin. Die Musik ist beseelt von seiner charakteristischen Handschrift, zu hören in unzähligen der von ihm vertonten Komödien. Zwar spielt durchaus ein Orchester, doch wechselt der Komponist bei jeder sich bietenden Gelegenheit in einen seichten, von 80er-Jahre-Keyboards bestimmten Sound über, zu dem auch Easy-Listening-Jazz-Einschübe gehören. Eine kohärente Komposition entsteht so nicht. Zusätzlich gab es bei der Veröffentlichung der Filmmusik noch ein dramatisches Problem: Viele der orchestralen Stücke sind über die Jahre offenbar verloren gegangen, sodass zum Teil alternative Takes verwendet werden mussten und Randy Edelman sich sogar gezwungen sah, in seinem Studio einige Stücke unter Verwendung synthetischer Orchesterbibliotheken neu einzuspielen. Das Resultat ist daher zwangsläufig ein Kompromiss, der puristische Ghostbuster-Fans kaum zufriedenstellen dürfte, weil sich Filmeinspielung und Sony-Albumfassung zum Teil deutlich voneinander unterscheiden. Ärgerlicherweise schweigt sich die Veröffentlichung aber darüber aus, aus welchen Quellen die einzelnen Musikstücke tatsächlich stammen. Stattdessen wird sogar der Eindruck erweckt, als wären alles Originalaufnahmen. Doch davon kann keine Rede sein, denn Edelman nimmt sich viele Freiheiten, wie bei der im Film so gar nicht zu hörenden Konzertfassung des verspielten Jazz-Themas für den von Bill Murray gespielten Dr. Peter Venkmann (Venkman’s 6th Ave. Strut).
Aber auch abseits dieser Diskussion und des nostalgischen Souvenirwerts für Hardcore-Fans des Filmes ist die eigentliche Komposition ziemlich schlecht gealtert. Das Heldenthema (A Few Friends Save Manhattan, ab 0:48 Min.) mit seinen unverhohlenen Superman-Vibes wirkt geradezu wie eine Parodie. Sigourney Weaver darf in der Fortsetzung eigentlich nur noch Mama sein und sich um ihr Baby kümmern. Entsprechend kleistert Edelmans Keyboard diese Erfüllung im Mutterdasein (A Few Friends Save Manhattan, ab 0:10 Min. / A Baby Carriage Meets Heavy Traffic ab 0:42 Min.) mit einer rührseligen Klaviermelodie zu. Völlig dem Kitsch anheim fällt das seichte The Sensitive Side of Dana, das eher an TV-Soaps der 80er erinnert. Umso seltsamer wirkt es dann, wenn Edelman dann plötzlich mit Orchester und eingestreuten Synth-Effekten den Kampf der Helden gegen Geister-Schleim und den Karpatenfürsten Vigo aufnimmt. Doch diesen Suspense- und Action-Stücken geht eine schlüssige Binnenstruktur völlig ab. Symptomatisch dafür ist das eigentlich stimmungsvoll beginnende Vigo’s Last Stand, das nach eineinhalb Minuten unvermittelt wieder in den süßlich-klebrigen Keyboard-Modus überwechselt. Und leider ist die Musik voll von solchen ungelenken Stilwechseln, die aus heutiger Sicht ziemlich haarsträubend wirken.
Wie schon bei Bernsteins Musik zum ersten Film vermisst man eine Originalmusik, die den fröhlich-anarchischen „Ghostbusters-Vibe“ überzeugend einfängt und auf die Tonspur überträgt. Nur ein einziges Mal zitiert Edelman kurz den beliebten Ghostbusters-Song von Ray Charles jr. (in The Scolari Brothers ab 1:36 Min.). Man fragt sich verwundert, warum er nicht häufiger den Gassenhauer als Markenzeichen verwendet hat. Am Ende vertonte Edelman Ghostbusters II letztlich wie jede andere seiner Komödien in jenen Jahren. Wenn man bedenkt, dass nur eine Woche nach dem Film Tim Burtons Batman in den amerikanischen Kinos startete, der auf der Tonspur durch Danny Elfmans Musik auch heute noch begeistern kann, dann zeigt das, wie altbacken Edelmans Beitrag im Vergleich daherkommt. Und das ist letztlich viel zu wenig für die irrwitzige Geisterhatz, die zwar alles andere als ein Flop war, folgerichtig aber nicht mehr an den Erfolg des Originals anknüpfen konnte. Das lag sicherlich nicht nur allein an der blassen Originalmusik, sondern einfach auch an der Tatsache, dass man sich für die solide Fortsetzung schlichtweg zu viel Zeit gelassen hatte. Als diese schließlich im Juni 1989 in den US-Kinos startete, hatte sich der Hype längst überdauert.