Das Beziehungsdrama Primo Amore war einer der umstrittenen Filme der diesjährigen Filmfestspiele von Berlin. Das psychologische Drama von Matteo Garrone erzählt die obsessive und provozierende Liebesgeschichte einer jungen Frau, die immer weiter abmagert, um dem verzerrten und bizarren Wunschbild ihres Partners zu entsprechen.
Die Komposition der Schweizer Kombo Banda Osiris für diesen schwermütigen Stoff wurde auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären und in Italien mit dem „David di Donatello“-Award ausgezeichnet. Banda Osiris, eine vierköpfige Formation, die eigentlich für kunterbunte, aber pfiffige Zirkusmusik steht, würde man die Vertonung eines so ernsten und traurigen Dramas eigentlich kaum zutrauen oder zumindest eine solche nicht von ihnen erwarten. Doch ihre Arbeit zu Primo Amore – Erste Liebe überrascht den Hörer als geschickt konstruierter urbaner Score, der sich wohltuend von dem abhebt, was bislang dieses Jahr in den Kinos zu hören war.
Banda Osiris mischt dezent eingesetzte Drumloops mit dem klassizistischen Spiel von Streichquartett und Klavier. Doch im Unterschied zu den ansonsten konzeptuell ähnlichen gelagerten Action- und Suspense-Musiken der US-Kollegen John Powell und Harry Gregson-Williams, werden hier keine vordergründigen poppigen Rhythmus-Schemata bedient. Vielmehr entwickelt sich aus dem Drive der Drumloops und der melancholisch-tristen Streichermelodik ein spannender Gegensatz aus soghafter Atmosphäre und schwermütiger Ausweglosigkeit. Beide Klangebenen werden von Banda Osiris geschickt ausbalanciert und von einer Reihe schöner thematischer Ideen zusammengehalten. Die vielfältig gestaltete und keineswegs stereotype Rhythmik trägt ihren Teil zum überzeugenden Eindruck bei.
Dem gegenüber ist die zweite Musik der CD zum zwei Jahre älteren Thriller L’Imbalsamatore (dt.: „Der Einbalsamierer“) stärker dem urbanen Jazz verpflichtet. Auch hier gibt es elektronische Rhythmik, doch steht ihr dieses Mal hauptsächlich (aber nicht nur) das lakonische Spiel des Saxophons gegenüber. Auch wenn ähnlich prägnante Melodien fehlen, erzeugten Banda Osiris schon damals die eigentümlich-melancholische Atmosphäre, die nun auch die Arbeit zu Primo Amore auszeichnet. Bereits diese frühe Leistung fand Anerkennung: Sie wurde 2002 für den „David Di Donatello“-Award nominiert.