Der letzte Sommer: Ava

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Sommer, Sonne und Strand. Ein Familienurlaub an der Atlantikküste. Was könnte es Schöneres geben? Doch für die 13jährige Ava (Noée Abita) ist das Leben nicht ganz so einfach. In Kürze wird sie ihr Augenlicht komplett verlieren. Nach dem ersten Schock beschließt sie, die letzten „sehenden“ Tage in vollen Zügen auszukosten. Genervt von der Mutter, die sich gerade in eine neue Liebschaft stürzt, läuft sie mit einem jungen Mann, den sie am Strand kennengelernt hat, von zuhause weg. Das tägliche Essen wird von Touristen ergaunert: Wild maskiert und mit einer Flinte bewaffnet rauben sie sich durch den FKK-Strand. Doch die Polizei ist dem Rumtreiber-Duo schnell auf den Fersen.

In ihrem Debütfilm Ava erzählt die französische Regisseurin Léa Mysius ausschweifend und mutig von den Nöten und Sehnsüchten seiner rebellischen Titelheldin. Besonders schön fängt die Kamera die schwülen Sommertage ein, den Sand auf der Haut, das Flirren der Sonne, das Innehalten von Zeit und Raum. Doch die Filmemacherin traut sich was: Radikale Traumeinstellungen, viel nackte Haut und ein Ende, das nicht unbedingt den üblichen Genrekonventionen entspricht. Vor allem in der zweiten Hälfte entwickelt Ava einen ungezwungenen, wilden Eskapismus, der wie eine wahr gewordene  Wunschfantasie der jungen Titelheldin anmutet.

Die Reise, auf die Ava den Zuschauer mitnimmt, ist eigenwillig, manchmal sogar befremdlich. Zwischen erotischer Fantasie, Road Movie und Adoleszenz-Drama von allegorischem Gehalt wirkt der Film genauso unbändig wie seine Hauptfigur. Das raffinierte Spiel der Kamera mit Licht und Dunkelheit verweist auf Avas zunehmende Blindheit. Doch auch die aus dem Rahmen gefallene Hochzeitssequenz im letzten Drittel mag man als Blick in eine mögliche Zukunft Avas deuten. So liefert Mysius Film immer wieder reizvolle Metaphern, aber auch humorvolle Szenen und Nachdenkliches. Das besitzt einen eigentümlichen, frischen Charme, verfehlt jedoch eine schlüssige Dramaturgie. Aber vielleicht spiegelt diese Offenheit am besten die Verwirrung eines Teenagers in der schwierigen Phase des Erwachsenwerdens.


Ava: Frankreich 2017, Regie: Léa Mysius (Reihe Neues Internationales Kino)

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