Der Krieg der Welten, den Steven Spielberg in den Kinos nach der Romanvorlage von H.G. Wells vom Zaun bricht, verblasst angesichts des aggressiven Werbefeldzugs, der den Sommer-Blockbuster im Vorfeld begleitet hat. Die Kampagne ging so weit, dass sie indirekt an den Grundfesten der Pressefreiheit rüttelte, in dem Journalisten untersagt wurde, vor dem offiziellen Start Kritiken zum neuen Spielberg zu publizieren. Ähnlich befremdlich mutet an, dass während der Dreharbeiten am Set Infozelte des in Deutschland unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehenden Scientology-Unternehmens standen. Journalisten, die Hauptdarsteller und Vorzeige-Scientologe Tom Cruise interviewen wollten, mussten eine mehrstündige Infoveranstaltung absolvieren, bevor man sie überhaupt in die Nähe des Stars ließ. Es gibt also viele Gründe, diesen Krieg der Welten zu ignorieren oder zu boykottieren. Der entscheidende mag aber vermutlich die filmische Qualität des Streifens sein. Denn dass nach Roland Emmerichs Independance Day (1996) und ähnlichem Katastrophenkino einmal mehr eine Kleinfamilie in den Strudel einer extraterrestrischen Invasion gerät, dürfte von den reichlich vorhandenen Schauwerten einmal abgesehen, nur wenige Zuschauer nachhaltig begeistern.
Immerhin scheint der Reißer Spielbergs Hofkomponisten John Williams zu der vielleicht düstersten Vertonung seiner Karriere inspiriert zu haben. Ganz in der Tradition von Minority Report (2002), den weniger thematisch orientierten Teilen der Star Wars-Musiken und dem 70er-Jahre-Klassiker Unheimliche Begegnung der dritten Art entwickelt Williams im Krieg der Welten besonders harsche, kühl und ruppig wirkende Klangstrukturen, die ein ums andere Mal auch Stravinskys Ballet Le Sacre du Printemps ins Gedächtnis rufen. Kompromisslos verzichtet der Altmeister auf eingängige Melodien oder markante motivische Einfälle, wie sie ihn normalerweise auszeichnen. Dabei gehören Dissonanzen und Klangexperimente ebenso zu den Gestaltungsmitteln der modernistischen Vertonung wie rein atmosphärische Klangkollagen, in die zum Teil unscheinbare Vokalisen eingearbeitet sind.
Das kraftvolle Zusammenspiel der Blechbläser mit dem Schlagwerk des Orchesters erzeugt beklemmende, geradezu Ausweglosigkeit suggerierende Spannungsuntermalungen. Wenn es dabei so etwas wie eine zentrale musikalische Idee der Musik gibt, dann ist diese ein rhythmisches Spannungsmotiv für die dreibeinigen, die Erde attackierenden Tripods, das meist von den Bläsern gespielt wird und das Williams in den zahlreichen Actionstücken gekonnt variiert. Nur selten einmal gibt es Ruhepausen, in denen Streicher und Klavier für intime, melancholische Momente des Einhalts sorgen.
Die ungewöhnliche Konzeption und die genannten Querbezüge zu eigenen wie fremden Vorbildern macht den Krieg der Welten zu einem seltsam paradoxen Hörerlebnis. Einerseits überzeugt die Konsequenz der Vertonung, andererseits bieten einige Stücke kaum mehr als das Gefühl eines gehobenen Déjà-vu. Durch das Fehlen markanter thematischer Bezüge fällt die Musik im Vergleich zu den Vorbildern darüber hinaus ein wenig ab. Nicht unbedingt einfacher wird die Sache durch die beiden, die Geschichte einrahmenden Monologe, die Morgan Freeman zwar eindringlich spricht, die aber gerade beim mehrmaligen Hören eher störend wirken. Keine Frage, leicht macht es Williams den Hörern mit seinem Krieg der Welten nicht. Dennoch bleibt bewundernswert, mit welcher Konsequenz er das musikalische Konzept verfolgt. Diese künstlerische Integrität ist es dann letztlich auch, die die Musik positiv von vielen vergleichbaren Genreprodukten abhebt.