Windtalkers nannten die Amerikaner die Navajo-Indianer im Zweiten Weltkrieg. Die Ureinwohner wurden an der japanischen Front ab 1942 quasi als lebendige Chiffriermaschinen eingesetzt. Da die Sprache der Navajo keine Schriftzeichen kennt, war sie nämlich ideal zur Verschlüsselung wichtiger militärischer Nachrichten. Natürlich bestand immer die Gefahr, dass einer der Indianer den Japanern in die Hände fallen konnte. Deshalb wurde ihnen immer amerikanische Soldaten zur Seite gestellt, die den wertvollen „Code“ um jeden Preis schützen sollten. Damit war, wie inzwischen als bewiesen gilt, auch gemeint, die Indianer im Notfall zu töten. Diese Tatsache ist in John Woos Kriegsdrama Windtalkers freilich etwas abgeschwächt. Wie weit sich der Film ansonsten an die Historie hält, kann seit Anfang August 2002 in den deutschen Kinos begutachtet werden.
Die Filmmusik von James Horner gibt sich spröde und schwelgt über weite Strecken in elegischer Zurückhaltung. Streicher und dezente militärische Schlagwerkrhythmen prägen das Klangbild. Ethnische Flöten geben den Indianern dazu ein musikalisches Gesicht. Horner vermeidet glücklicherweise ein allzu aufdringlichen Pathos, bewegt sich allerdings kompositorisch auf traditionellem Terrain. Auffällig ist das Fehlen eines episch breit ausschwingenden Themas – eine Seltenheit bei Horner. Doch das kann hier durchaus als ein Teil des zurückhaltenden Konzepts verstanden werden. Interessant ist auch, dass die Partitur hörbar in der klassischen Musik der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verankert ist. Mit ein wenig mehr Mut hätte Windtalkers sogar das Zeug zu einer ambitionierten, modernen Filmmusik gehabt.
Doch wie so häufig bei James Horner verstellen abgenutzte Kunstgriffe den Weg. Braucht die Musik wirklich ein weiteres Mal das Motiv aus Khachaturians Ballett Gayaneh, das Horner praktisch in jeder zweiten Filmkomposition aufgreift? Der Einsatz der ethnischen Flöten für die Indianer wirkt viel zu unscheinbar und halbherzig in Relation zur wichtigen Rolle der Navajo. Und auch die sich ewig gleichenden Militärrhythmen erzeugen über die Lauflänge von 66 Minuten reichlich Ermüdungserscheinungen. Windtalkers ist sicher kein schlechter Soundtrack, trägt für Horner sogar eher unübliche Züge. Doch die stetige Wiederholung von Motiven und die sich ähnelnden Orchestrierungen lassen Zweifel aufkommen, ob Horner nach über zwanzig Jahren im Metier noch mit sonderlicher Inspiration bei der Sache ist.