„Der letzte räumt die Erde auf“. Unter diesem Motto schickt der neue Pixar-Film den leicht verrosteten Roboter mit dem titelgebenden Namen Wall-E in das jüngste Animationsabenteuer des Erfolgsstudios. Die Handlung spielt rund achthundert Jahre in der Zukunft, auf einer von den Menschen längst verlassenen und völlig vermüllten, dadurch unbewohnbar gewordenen Erde: Wall-E, der eine schrullige Vorliebe für Musicals besitzt, ist alleine zurückgeblieben und entsprechend einsam. Eines Tages trifft er auf die Erkundungsroboterdame EVE, die überprüfen soll, ob das Leben auf der Erde inzwischen wieder möglich ist. Keine Frage, mit Wall-E ist Pixar ein erneut witziger und trotz verschiedener Filmzitate origineller Kinospaß gelungen. Dabei überzeugt dieses Mal die Geschichte mit ihrer kaum verhohlenen Gesellschaftskritik, die sich gegen den sorglosen Umgang mit der Umwelt und die zunehmende Bequemlichkeit der Menschen richtet. Zum gewohnt guten Standard bei Pixar gehört die perfekte Animationstechnik, die voll auf der Höhe der Zeit steht und die Pixel-Konkurrenz einmal mehr alt aussehen lässt.
Thomas Newman hat nach Findet Nemo (2003) zum zweiten Mal einen Pixar-Film vertont. Brachte er damals neuen musikalischen Schwung in das Animationsgenre, folgt er bei Wall-E im Prinzip demselben Erfolgsrezept, das ihm bereits vor fünf Jahren eine Oscar-Nominierung eingebracht hat: Er kombiniert experimentelle Klangkollagen – wie man sie nunmehr seit zweieinhalb Jahrzehnten von ihm kennt – mit kleinen orchestralen Kabinettstückchen. Da finden sich reizvolle Streicherharmonien, aber immer wieder auch kraftvolle Tremoli und Fanfaren der Blechbläser. Drollige Arpeggios der Harfe, das Spiel von Celesta sowie Glockenspiel sorgen zusätzlich für ein faszinierendes Glitzern und Funkeln rund um den kleinen Roboter. Originell sind diverse Filmzitate eingestreut: Wenn Wall-E zum ersten Mal die Raumstation Axiom erblickt, erklingt ein an Dennis McCarthys Titelthema zu Star Trek – Deep Space Nine angelehntes Motiv. Oder wenn der Kommandant den ersten Schritt seines Lebens macht, ertönt der berühmte Beginn von Also sprach Zarathustra in Anspielung auf Stanley Kubricks Klassiker 2001 (dieses Stück ist nicht auf der CD enthalten).
Beachtlich ist bei Wall-E das erneut schier unerschöpfliche Arsenal exotischer Instrumente, das Thomas Newman auffährt: Da gibt es neben „Handelsüblichem“ wie Vibrafon, Marimba, Gitarre, etc. so exotische Dinge wie das Flapamba (ein der Marimba ähnliches Instrument), das Cajón (eine aus Peru und Kuba stammender Holzkiste mit einem Resonanzloch) oder die „Kontrabass Nylon Gitarre“ zu hören. Bei dem im Kleingedruckten des Booklets aufgeführten „Strumming Zebra“ weiß wohl nur der Komponist selbst, was sich dahinter verbirgt. Kurzum: bei Wall-E wird erneut auf allem musiziert, was nicht niet- und nagelfest ist. Natürlich sind derart verspielte Klangkollagen im Werk von Thomas Newman alles andere als neu, spiegelt hier aber überaus treffend die futuristische Filmvision der komplett technisierten Zukunft. In der Mischung mit den stärker orchestralen Passagen gelingt dem Amerikaner wie schon bei Findet Nemo eine überaus lebendige, quirlige Vertonung.
Der Originalmusik stehen einzelnen Stücken vorangestellte Geräuscheffekte, vor allem aber auch den Musikfluss etwas bremsende Musical-Songs und Chansons (z.B. La Vie en Rose) gegenüber. Den gelungenen Schlusspunkt setzt Peter Gabriel mit seinem poppigen Down to Earth. Das alles entspricht zwar der chronologischen Abfolge im Film und dürfte daher die Hörer ansprechen, die daheim das Filmerlebnis musikalisch nachleben möchten. Alle anderen werden aber wohl eher zur Programmierfunktion ihres CD-Players greifen. So oder so ist Thomas Newman bei aller Selbstwiederholung eine sehr charmante, liebevoll instrumentierte Vertonung gelungen, die ihre Hörreize ähnlich wie schon Findet Nemo erst nach mehrfachen Hördurchgängen offenbart. Dann bereiten die vielen kleinen hübschen Motive und Klangwirkungen aber umso mehr Vergnügen. Da muss Thomas Newman das Rad auch gar nicht zwangsläufig neu erfinden.