Violin Concerto (2002) / Serenade (1952) – André Previn, Leonard Bernstein

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Seine filmmusikalische Karriere hat André Previn bereits Ende der 70er Jahre an den Nagel gehängt. Seitdem widmet sich der Amerikaner hauptsächlich der Dirigententätigkeit und immer wieder auch dem Schreiben von Werken für den Konzertsaal. Die Chance, von einem größeren Publikum als Komponist wahrgenommen zu werden, gibt ihm nun die vor einigen Monaten veröffentlichte CD der Deutschen Grammophon. Zugpferd ist die virtuose Geigerin Anne-Sophie Mutter, die das von Prévin 2002 komponierte Violinkonzert und Leonard Bernsteins Serenade interpretiert.

Previn hat das im Auftrag der Boston Symphony entstandene Violinkonzert vollkommen auf ihre Fertigkeiten zugeschnitten. Ein wahres Werk der Liebe ist daraus geworden – denn erst kürzlich heiratete der 74-Jährige die 34 Jahre jüngere Starsolistin. „Ich kenne keinen besseren Geiger oder Musiker. Sie hat ungeheuer viel Fantasie und verfügt über eine perfekte Technik. In technischer Hinsicht liegen ihr einige Dinge ganz besonders, und so konnte ich etwas für sie schreiben, das sie wirklich gern spielt“, wird Previn im Booklet zitiert. Und tatsächlich glänzt das dreisätzige Violinkonzert (das übrigens den Untertitel „Anne-Sophie“ trägt) als klangschönes, lyrisch verspieltes Werk, das in seinen spätromantischen Ansätzen der klassischen Filmmusik und damit auch der eigenen Vergangenheit des Komponisten nahesteht.

Während der erste Satz nach Previns Aussage, der „üppigste, traditionellste“ ist und hörbar an die Violinkonzerte Korngolds und Rózsas anknüpft, sind die anderen beiden Sätze etwas harscher und spröder gehalten. Auf Anregung seiner Frau verarbeitete er im finalen Satz das deutsche Volkslied „Wenn ich ein Vöglein wär“ – auch wenn seine Frau sich aus dem eigentlichen Komponieren heraushält, zeigt sich hier doch deutlich, wie eng die beiden zusammengearbeitet haben.

Zwischen der Entstehung von Previns Violinkonzert und Leonard Bernsteins Serenade nach Platons Symposium liegen rund 50 Jahre. Wenige Monate vor Fertigstellung der Komposition für Solovioline, Harfe und Streicher war Bernstein noch mit seiner Filmmusik zu On the Waterfront beschäftigt gewesen und kurze Zeit später sollte dann seine berühmte West Side Story folgen. Zwischen zwei so markanten, Publikums-trächtigen Werken ist die Serenade vergleichsweise eine sehr persönliche Komposition.

Die Querverbindungen zwischen Bernsteins Musik und der literarischen Vorlage des griechischen Philosophen sind kaum auszumachen. Aber auch ohne diese Verknüpfung handelt es sich um ein ausdrucksstarkes, lebendiges Werk, das dem Komponisten so viel bedeutete, dass er es zu Lebzeiten gleich mehrfach selber aufgeführt hat. Die einzelnen Sätze bauen raffiniert aufeinander auf und entwickeln ihre Ideen fortwährend weiter. Der fünfte und letzte Satz mündet dann sogar in mitreißenden Jazzanklängen für die Feierszene. Hier entfernt sich Bernstein besonders weit von der griechischen Antike (die stilistisch ohnehin keine Rolle spielt) und zeigt sich ganz und gar als amerikanischer Komponist.

Das virtuose Spiel der Anne-Sophie Mutter, die gut aufgelegten Londoner bzw. Bostoner Sinfoniker und die exzellente Klangtechnik lassen bei dieser feinen Aufnahme keine Wünsche übrig. Auch das informative Booklet trägt zum überzeugenden Gesamteindruck bei. Alles in allem eine schöne CD.

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