Il Clan dei Siciliani – Ennio Morricone – „Treffen der Giganten“

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Der italienische Mafia- und Heist-Film Der Clan der Sizilianer ging 1969 in die Filmgeschichte ein, denn in ihm trafen zum ersten Mal die drei Giganten des französischen Kinos – Jean Gabin, Lino Ventura und Alain Delon – zusammen aufeinander. Erzählt wird die Geschichte der in Paris ansässigen sizilianischen Familie Manalese, deren Oberhaupt (Jean Gabin) mit seinen Söhnen (darunter der frisch aus dem Gefängnis befreite Sartet, der von Delon gespielt wird) den großen Coup plant: Er will ein Flugzeug mit Kisten voller Juwelen auf dem Weg nach New York kapern. Ihm auf den Fersen ist der beflissene Inspector Le Goff (Ventura) und auf der Tonspur wird dieser feine Vorläufer der großen Mafia-Epen der 70er von niemand Geringerem als Ennio Morricone begleitet.

Was Henri Verneuil damals als gediegenes Starkino nach US-Amerikanischen Vorbildern inszenierte, ist aus heutiger Sicht überraschend gut gealtert: Der Clan der Sizilianer begeistert mit seinen edlen Dekors und aufwendig inszenierten Schau-Sequenzen, zu denen auch die spektakuläre Landung eines Flugzeugs auf einem leeren Autobahn-Abschnitt gehört. Morricones Beitrag agiert als eleganter Taktgeber, der das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Ganoven und Polizei mit einer lakonischen Nonchalance zwischen Coolness und Melancholie in Szene setzt. Das dreiteilige Hauptthema ist schon lange einer der großen Morricone-Klassiker, der auf keiner Best-of-Zusammenstellung des Komponisten fehlen darf. Es verströmt ein gehöriges Maß poppiger 60er-Jahre-Coolness und macht klar, wem bei aller Kriminalität die heimlichen Sympathien des Filmes gelten. Drollig ist dabei, dass Morricone damals mit dem Einsatz einer Maultrommel und dem pfeifenden Alessandro Alessandroni den Italo-Western-Modus der Dollar-Filme nicht gänzlich ablegen konnte. Das Titelstück vereint bereits drei der wesentlichen Motive der Komposition – das eröffnende rhythmischen Mafiathema, das Verdammnis-Thema und eine sekundäre Streichermelodie, die für die Tradition und Ehre der Familie Manalese steht. Die vielfältigen Variationen und kontrapunktischen Arrangements dieser Motive sind pfiffig und gleiches gilt auch für das vorwärts drängende Spannungs-Thema („Tema per Le Goff“), welches im Film die Polizei-Einsätze begleitet (und zugleich das Verdammnis-Thema verarbeitet).

Die expandierte Quartet-CD
Die CAM-CD von 1996

Bereits zum Kinostart wurde 1970 eine halbstündige, von Morricone selbst zusammengestellte Fassung der Musik veröffentlicht, die CAM Records 1996 inhaltsgleich auf CD pressen ließ. Erst Ende 2022 hat sich Quartet Records aufgemacht, und in einer expandierten Edition 24 Minuten an Bonus-Stücken hinzugefügt. Doch wer den Film kennt, der weiß, dass es sich dabei in erster Linie um weitere Variationen der vier Hauptthemen handeln muss, die entweder nicht verwendet wurden oder für die zeitgleich zum Dreh entstandene englischsprachige Alternativfassung verwendet wurden. Das stimmt auch, aber mit zwei kleinen Ausnahmen: Das Stück „M19“ bietet ein prägnantes Arrangement des Verdammnis-Themas und „M15“ eine romantische Streicher-Melodie, welche im Film gar nicht vorkommt. Größter Pluspunkt der Quartet-CD ist trotz dieser willkommenen Ergänzungen vor allem der Begleittext von Jeff Bond, der ausführlich auf die Entstehung von Film und Musik eingeht. Die Quartet-Ausgabe zeichnet sich zudem durch den aufpolierten Klang aus. Bemerkenswert ist dabei, dass die Maultrommel im Hauptthema („Tema Italiano“) gegenüber dem Keyboard etwas leiser abgemischt wurde. Ansonsten fallen die Unterschiede allerdings nur marginal aus. Wer die alte CAM-CD besitzt, muss deshalb nicht zwangsläufig aktualisieren. Die Quartet-Erweiterung ist dennoch die eindeutig bessere Edition, die zu einer lohnenswerten Neu- oder Erstbegegnung mit diesem äußerst unterhaltsamen Morricone-Klassiker einlädt.

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