Casino Royale – David Arnold

Er werde auch für zukünftige Bond-Musiken zur Verfügung stehen. Das war eine der zentralen Aussagen von David Arnold in einem Interview gegenüber dem US-Online-Magazin Soundtrack-Net. Verwundern tut dies nicht, denn um die Karriere des Amerikaners jenseits des Agenten mit der Doppel-Null ist es in den vergangenen Jahren sehr ruhig geworden. Streng genommen sind die Bond-Abenteuer mittlerweile die einzigen Prestige-trächtigen Arbeitsaufträge für den mit Stargate und Independance Day Anfang der 90er-Jahre bekannt gewordenen Komponisten. Doch ein Almosen ist das im harten Hollywoodgeschäft sicher nicht. Denn wie man den Bond-Sound für ein heutiges Publikum modernisiert, das hat Arnold mit seinen ersten vier Musiken für die beliebte Filmreihe immer wieder aufs Neue eindrucksvoll bewiesen.

Neuer Bond – neues Glück. Für das inzwischen 21. Abenteuer der Agentenserie, Casino Royale, gab es mit Daniel Craig nicht nur einen neuen Darsteller, sondern auch eine Rückbesinnung auf die eigentliche literarische Vorlage (mit Casino Royale wurde das erste Bond-Buch von Ian Fleming neu verfilmt und dabei behutsam modernisiert). Die guten Darsteller und die rauere, weniger Gimmick-verliebte Inszenierung begeisterten Kritiker wie Publikum gleichermaßen. Die Zukunft des Agenten im Geheimdienst ihrer Majestät dürfte damit erst einmal gesichert sein.

In der Vertonung Arnolds hat sich stilistisch gegenüber den (ebenfalls von ihm) vertonten Vorgängern allerdings wenig getan. Casino Royale ist erneut ein zeitgemäßer, rhythmisch durchstrukturierter Action-Score, in dem Drumbeats aus dem Computer und die Schlagwerksektion des Orchesters als treibende Kräfte vorherrschen. Überraschend selten greift Arnold auf das klassische Bond-Thema zurück. Das neue thematische Material besteht hauptsächlich aus dem Song-Motiv (You know my Name von Chris Cornell) und einem klangschönen Liebesthema. Beide Melodien überträgt Arnold immer wieder in ein an John Barry angelehntes Idiom, in dem Streicher und Holzbläser ähnliche Harmonien spielen (z.B. Track 14), wie man sie aus den romantischen Musiken des Altmeisters kennt. Beides sind recht ansprechende Einfälle, mit denen Arnold geschickt umzugehen weiß und die immer wieder für lyrische und packende Momente sorgen.

Dennoch ist Casino Royale die bislang schwächste Bond-Vertonung unter der Ägide David Arnolds. Dies liegt hauptsächlich daran, dass es dem Komponisten nicht gelingt, dem neuen Bond-Abenteuer eine besondere individuelle Note zu verleihen, um die Musik auch abseits des Filmes markant von den vorangegangenen Folgen abzusetzen. Der an Barry angelehnte Romantizismus versprüht zwar einen gewissen nostalgischen Charme. Doch die dominierenden Action-Passagen wirken trotz der ordentlichen Variationsarbeit mitunter sehr standardisiert und schablonenhaft, in den bombastischen Schlagwerk-Ostinati mit ständiger Blechbläserbegleitung oftmals sogar mehr lärmend und ermüdend denn kraftvoll. Auch das Kolorit der exotischen Schauplätze findet kaum Eingang in die Musik, sieht man einmal von ein paar afrikanischen Trommelrhythmen im ersten Drittel ab. Pfiff und Raffinesse blitzen nur selten auf und neue Akzente sucht man ohnehin vergeblich. Ein wenig zu routiniert begleitet Arnold das neue Bond-Abenteuer. Wären da nicht die markanten thematischen Einfälle, die bisweilen dann doch mitreißen, würde seine Komposition vollständig im Mittelmaß versinken. Die CD ist mit über 70 Minuten ohnehin zu lang. Über professionell ausgeführte Routine kommt Casino Royale deshalb leider kaum hinaus.

Schmerzlich vermisst wird auf der Score-CD übrigens der rockige Bond-Titelsong von Chris Cornell – ein Novum in der bisherigen 007-Geschichte. Offenbar soll der Musikliebhaber für die separat erhältliche Single noch einmal ins Portemonnaie greifen. Ein weiteres Novum findet sich bei iTunes: Das Online-Musikportal bietet die komplette Vertonung zum Herunterladen an. Neue und seltsame Wege des Merchandising, die sich Sony da ausgedacht hat.