The Sum of all Fears – Jerry Goldsmith

Tom Clancys Roman The Sum of all Fears schilderte Mitte der achtziger Jahre einen Anschlag verheerenden Ausmaßes auf ein amerikanisches Football-Stadion, verübt von arabischen Terroristen. Der Bestseller-Autor konnte damals nicht ahnen, dass seine Fiktion mit der Zerstörung des World Trade Centers schreckliche Realität werden würde. Der 11. September hat deshalb aus dem beinahe vergessenen Roman plötzlich einen brisanten, hochaktuellen Stoff gemacht. Den hat nun Phil Alden Robinson (Sneakers) verfilmt. Unter dem Titel Der Anschlag läuft er seit vergangenem Donnerstag auch in den deutschen Kinos. Die Hauptrollen bestreiten Ben Affleck als Jack Ryan (damit Nachfolger von Harrison Ford, der die Rolle in Die Stunde der Patrioten und Das Kartell verkörpert hatte) sowie Morgan Freeman als dessen Vorgesetzter. Ryan versucht verzweifelt nach dem Anschlag einen Krieg zwischen den USA und Russland zu verhindern, den Nazis (anstelle von arabischen Fundamentalisten im Buch) zu provozieren versuchen.

The Sum of all Fears hätte bei einem Gelingen die Chance gehabt, die Befindlichkeit der USA nach dem 11. September auszuloten. Doch der Politreißer ist derart in einer verkrampften Political Correctness erstarrt, dass er kaum mehr bietet als ein schillernd bebildertes Schreckensszenario mit eindimensionalen Figuren und stereotyper Handlung. Ein wenig mutet The Sum of all Fears dabei an wie eine fiktive Actionversion von Thirteen Days, dem Politdrama über die Kubakrise. Doch dessen Glaubwürdigkeit wird nie erreicht. Spätestens wenn die Atombombe im Stadion gezündet wird und Ryan wie der amerikanische Präsident, der sich kurz vorher dort noch aufhielt, mit dem Leben davon kommen, erinnert der Film in seiner Verharmlosung nuklearer Waffen in peinlicher Weise an die Propaganda-Werbefilmchen des kalten Krieges. Was am Ende bleibt, ist eine in Teilen durchaus spannende, insgesamt aber viel zu oberflächlich und effektverliebt geratene Kinounterhaltung. Darüber hinaus ist es wohl auch eine Geschmacksfrage, ob man sich nach dem 11. September einen derart banalisierten und reißerischen Umgang mit dem internationalen Terrorismus im Kino ansehen mag.

Die Filmmusik:

Waren die letzten beiden Goldsmith-Musiken Im Netz der Spinne und Die Festung eher enttäuschend, hat der Altmeister für die Clancy-Verfilmung wieder etwas zugelegt. Seine Partitur ist zwar alles andere als innovativ, steht aber ein gutes Stück über seinen zuletzt veröffentlichten Soundtracks. Nach dem netten Titelsong If we could remember (gesungen von Yolanda Adams) beginnt die Musik gleich mit dem Höhepunkt – dem sechsminütigen Stück The Mission. Dabei handelt es sich um eine Art feierlich-opernhafte Hymne an den Frieden, in der Gesang, Frauen- und Männerchor faszinierend mit dem Einsatz des Orchesters kontrastieren. In ihr wird das Hauptthema der Musik, das auch dem Song zugrunde liegt, vorgestellt.

Goldsmith verwendet es motivisch über die gesamte Partitur. Diese ist eine über weite Strecken sauber gearbeitete Spannungsmusik, die an das eröffnende The Mission allerdings nicht mehr heranreicht. Zwar ist der arabische Lokalkolorit überaus reizvoll (vergleichbar den ruhigen Teilen in Der 13te Krieger und Die Mumie) in den Soundtrack integriert. Doch der Rest besteht hauptsächlich aus grundsolider Spannungsdramaturgie mit routinierter Orchestersinfonik und entbehrlichen Synthesizer-Effekten.

Der auf der CD präsentierte Score-Anteil von rund 36 Minuten dürfte aus diesem Grund vollkommen ausreichend sein. Für Goldsmith war die Musik wohl kaum mehr als eine gehobene Routinearbeit. Dennoch: Wer über die offenkundigen Vorbilder hinwegsehen kann, bekommt mit Der Anschlag eine unterhaltsame, gut fließende Soundtrack-CD mit einigen Hörqualitäten.