Wenn man Filmmusik allein in ihrer Wirkung im Zusammenspiel mit den Bildern beurteilt, gehört Thomas Newman zweifellos zu den wichtigsten Filmkomponisten unserer Zeit. Wie kaum ein Zweiter meistert er die Kunst der subtil-sensiblen Vertonung, die bislang in Dramen wie American Beauty (1999) und In the Bedroom (2000) ihre Höhepunkte fand. Eindrucksvoll ist die experimentelle Machart dieser Musiken: Newman versammelt für gewöhnlich ein Ensemble talentierter Solisten um sich, das auf exotischen Klangkörpern musiziert. Dadurch gelingen dem Komponisten raffinierte Verfremdungseffekte, die kongenial zu den verstörenden Innenwelten der Filme passen. Doch das alles hat auch eine Schattenseite. Seine Musik ist mitunter so eng mit den Bildern liiert, dass man Film und Score praktisch gar nicht trennen kann und sollte. Eine in diesem Sinne sehr unglückliche Soundtrack-Veröffentlichung ist Thomas Newmans neuestes Werk – The Salton Sea, Vertonung eines Film-Noir-Krimis, der in der Unterwelt von Los Angeles spielt.
Newmans Komposition mixt elektronische Soundeffekte (Samples und Drumloops), elektrische Gitarre und Piano mit einem ganzen Bataillon von Perkussion-Instrumenten. Für dezente Jazzeinflüsse sorgen melancholische Trompetensoli von Terence Blanchard. Sphärische Klanggebilde und flirrende Rhythmen lassen zusammen mit dem Spiel von Blanchard ein Gefühl von Einsamkeit und Verlassenheit in der Großstadt entstehen. Der ambitionierte Soundtrack lässt erahnen, wie perfekt der Score zu den Bildern passen mag. Doch das hilft beim Anhören der CD leider nur wenig. Die urbane Klangwelt von The Salton Sea wirkt ohne Bildbezug nämlich über weite Strecken monoton und langatmig. So ist es kaum verwunderlich, dass die ansprechendsten Höralben bei Thomas Newman zu Filmen gehören, die weitaus weniger experimentell sind – etwa die Kostümdramen Little Women (1994) und Oscar & Lucinda (1996). Im Vergleich dazu kann The Salton Sea auf CD nur ein unbefriedigendes Hörerlebnis bieten.