The Nativity Story – Mychael Danna

Eine Weihnachtsfilmmusik der besonderen Art beschert Mychael Danna dem geneigten Hörer zum Fest 2006. Für Es begab sich aber zu der Zeit – The Nativity Story, Bibel-Verfilmung der klassischen Weihnachtsgeschichte von Catherine Hardwicke (Dreizehn), schuf der Kanadier eine vielschichtige, eigenwillige Komposition. Wie Danna im informativen Booklet schreibt, ging es ihm dabei stilistisch um die Resonanz der Geschichte in Europa durch die Jahrhunderte bis heute. Demzufolge greift seine Komposition auf Instrumente sowie Musikstile unterschiedlicher Zeitepochen und -regionen zurück. Traditionelle Weihnachtslieder aus unterschiedlichen Abschnitten und Orten der Musikgeschichte bilden ein Kernstück der Partitur. Sie werden von Chor und Solisten auf Lateinisch gesungen. Danna hat diese Lieder geschickt für alte Instrumente (zum Teil aber auch A-Cappella) arrangiert und damit vom Zuckerguss vieler moderner Interpretationen befreit. Mit diesem Kunstgriff gelingt es ihm, eine Brücke zur eigenen Originalmusik zu schlagen, die – durchaus Danna-typisch – ebenfalls vom Spiel der alten Instrumente und des westlichen Orchesters (vorwiegend bestehend aus Streichern und Holzbläsern) geprägt ist.

Zeitgenössische Instrumente spielen aber durchaus eine Rolle. Nachgebaute römische Hörner und Trommeln begleiten die Soldaten von Herodes, persische und türkische Flöten sorgen für das atmosphärische Kolorit des Mittleren Ostens. Davon ausgehend sind Instrumente aus Barock und Renaissance zu hören: etwa u.a. Harfe, Fiedel, Gamben und Flöten. Eine ähnliche Entwicklung findet sich auch bei den Weihnachtsliedern: Das Spektrum reicht von Gregorianischen Gesängen und einfachen Liedern mit Ursprung in der Frühzeit des Christentums (z.B. „O Come, O Come, Emmanuel“ oder „Of the Father’s Love Begotten“) bis hin zu allseits bekannten Stücken wie „Es ist ein Ros’ entsprungen“ oder „Stille Nacht“, welches am Ende der CD in einem besonders attraktiven Chor-Arrangement erklingt. Beeindruckend ist die Subtilität und Zurückhaltung, mit der Danna diese Zitate in seine Originalkomposition einbettet, ohne dabei auch nur einmal in die Kitsch-Falle zu tappen. Zugleich gelingt es ihm vorzüglich, die Stilvielfalt in einen homogenen Kontext zu fassen, ohne dass jemals der Eindruck eines zerfasernden Mischmasches entstehen würde.

Großen Anteil am ausgewogenen Höreindruck hat zweifellos auch die eigene Originalmusik, die etwa die Hälfte der Komposition ausmacht. In lyrischen Streicherpassagen, schönen Chorälen und Vokalisen, zärtlichen Spiel von Harfe und anderen Soloinstrumenten finden sich zahlreiche reizvolle Momente. Für etwas Abwechslung in den ruhigen, klangschönen Passagen sorgen immer wieder perkussiv durchstrukturierte Stücke, die etwa die Suche nach dem Kind durch die Soldaten oder die beschwerliche Reise von Maria und Joseph untermalen. Leider können diese dramatischen Passagen nicht immer gleichermaßen überzeugen, wirken mitunter sogar etwas kurzatmig und blass. Dennoch gehört Mychael Dannas The Nativity Story konzeptuell zu den ambitioniertesten Filmmusiken des Jahres. Möchte man filmmusikalische Bezugspunkte herstellen, dann findet man diese am ehesten in des Bruders ähnlich gelagerter Musik zu The Gospel of St. John und Jocelyn Pooks The Merchant of Venice (2005). Doch The Nativity Story erweist sich diesen Vertonungen als absolut ebenbürtig. Das ist klangschöne filmmusikalische Weihnachten jenseits der üblichen Klischees.