Einst inszenierte Sam Raimi die irrwitzigen Splatter-Filme der Tanz der Teufel-Reihe. Inzwischen hat er sich dank des Blockbusters Spider-Man zum Mainstream-Regisseur hochgearbeitet. Die Comic-Verfilmung gehörte zu den erfolgreichsten Produktionen des Filmjahres 2002. Dabei wird erwartungsgemäß nur die gute alte Geschichte vom Superhelden im Kampf gegen das Böse (verkörpert vom ewigen Filmschurken Willem Dafoe) im modernen Gewand geboten. Seinen Unterhaltungswert verdankt Spider-Man nicht nur den beeindruckenden Trickeffekten, sondern vor allem seinem sympathischen Hauptdarsteller: Eine absolut clevere Entscheidung war es, den eher unscheinbaren Tobey Maguire als Spinnenmann zu besetzen. Maguire hatte sich bislang als Charakterdarsteller mit Dramen wie Gottes Werk & Teufels Beitrag, Der Eissturm und Ride with the Devil einen Namen gemacht. Die schüchterne Ausstrahlung des Jungmimens macht viel vom Reiz der Comicverfilmung aus. Die Szenen, in denen Spider-Mans alter ego Peter Parker erstmals seine neuen Fähigkeiten erprobt oder sich zum ersten Mal im selbstgenähten Kostüm in die Öffentlichkeit wagt, sind einfach köstlich geraten. Leider fällt der Film in der zweiten Hälfte mit etwas stereotypen Actionsequenzen deutlich ab. Gleichwohl ist Spider-Man ein unterhaltsames Kinospektakel und gehört zweifellos zu den besseren Comic-Adaptionen der letzten Zeit.
Für das Heldenabenteuer hat Danny Elfman eine großangelegte Komposition kreiert, die wie eine raffinierte Mischung aus Sleepy Hollow und Planet of the Apes anmutet. Anders als bei seiner Musik zu Batman gibt es allerdings kein unmittelbar ins Ohr gehendes Hauptthema. Vielmehr gründet die Komposition auf zwei Themen, die sich erst mit mehrmaligen Hördurchgängen vollständig erschließen. Das Erste ist das Thema für Spider-Man, welches zunächst dezenter und weniger heroisch klingt als Vergleichbares aus anderen Comic-Adaptionen wie Superman oder Batman. Im Laufe des Filmes, je mehr Peter Parker sich in die Rolle des Superhelden hineinfindet, gewinnt es an Ausdruckskraft. Erst in „Farewell“, Untermalung der Schlussszene, wird es eindrucksvoll in aller Pracht ausgespielt – verknüpft mit einem raffinierten Chorsatz. Dies ist der Moment, in dem Parker seine Entwicklung abgeschlossen und seine Rolle als Held vollständig akzeptiert hat. Das zweite Thema ist mehr ein Motiv und steht für den schüchternen Peter Parker, im Grunde ein ganz normaler Jugendlicher und damit ideale Identifikationsfigur für den Zuschauer. Ausgehend von dieser Basis entwickelt Elfman eine exzellente Vertonung mit geschickten Variationen des Themenmaterials. Ob die Weiterentwicklung zum Liebesthema am Ende von „Parade Attack“ oder die leicht poppige „Costume Montage“ – es finden sich zahlreiche Höhepunkte.
Wie derzeit wohl keinem zweiten Komponisten gelingt Danny Elfman die Symbiose aus elektronischen Klangstrukturen und dem traditionellen Sinfonieorchester samt Chor. Dazu präsentiert er modernes Action-Scoring, das deutlich die eigene Handschrift trägt. Da verzeiht man als Hörer auch gerne, dass Spider-Man einige Parallelen zum Planet der Affen und Men in Black aufweist. Der Spiderman-Score untermauert Elfmans Status als gereifter, aufstrebender Filmkomponist. Da bleibt am Ende allein der Wunsch übrig, dass er auch mal wieder für Filmprojekte abseits des reinen Popcorn-Kinos engagiert wird.