Mellow Mud (Lettland 2016)
Überlebenskampf irgendwo auf dem Land in Lettland: Die 17-jährige Raya und ihr kleiner Bruder stehen nach dem Tod des Vaters vor der Entscheidung, ins Heim zu gehen oder bei der verhassten Großmutter zu leben. Als diese einen Herzinfarkt erleidet und stirbt, verstecken die Kinder die Leiche, um weiter zusammen in dem kleinen Haus wohnen zu können und dem Jugendamt zu entgehen. Doch auf sich allein gestellt und mit dem Druck des ständigen Lügens und Verheimlichens gestaltet sich der Alltag schwierig. Raya nimmt an einem Englischwettbewerb teil, dessen Sieger nach London reisen darf. Dort wohnt nämlich die Mutter, die die Familie einst in der Heimat zurückließ.
Was im lettischen Wettbewerbsbeitrag Mellow Mud zunächst wie eine eigenwillige, konstruierte Figurenkonstellation anmutet, ist in Lettland keine Seltenheit, sondern bittere Realität. Oftmals leben Kinder bei den Großeltern, weil die Eltern im Ausland ihr Glück gesucht haben. Ähnlich wie Jennifer Lawrence in Winter’s Bone brilliert die junge Hauptdarstellerin Elina Vaska mit ihrem natürlichen Spiel zwischen Verletzlichkeit, unbändigem Stolz und erstaunlicher Stärke. Im wortkargen Film von Renars Vimba vermittelt sich die berührende Geschichte vor allem über Mimik und Gesten. Viel zu sagen gibt es ohnehin nicht. Der titelgebende Matsch, durch den die Figuren immer wieder waten, ist nur schwer durchdringlich. Ob es Hoffnung für Raya und ihren Bruder gibt? Diese Frage muss zwangsläufig offenbleiben.
Breaking a Monster (USA 2015)
Am Anfang des Erfolges stand ein YouTube-Video. Und das ging viral. Darin spielen drei junge Kinder mit einem für das Alter erstaunlichem Können einen Metal-Song. Über eine Million Mal wurde das Video angeklickt. Einer der großen amerikanischen Musik-Labels wurde auf das immense Potenzial des talentierten Trios aufmerksam und konnte die junge Band namens „Unlocking the Truth“ mit einem unglaublichen Deal von 1,8 Millionen US-Dollar an sich binden. Das ist die Ausgangsposition der Dokumentation Breaking a Monster, die die Band ein halbes Jahr von Vertragsunterschrift bis hin zur ersten Studioaufnahme inklusive Videodreh begleitet.
Luke Meyers Film wirft einen spannenden Blick hinter die Mechanismen des Musik-Business, in dem jeder Schritt Teil einer ausgefeilten Marketing-Strategie ist. Bei den Teenagern geraten aber auch die hartgesottenen Manager des Major-Labels mitunter an ihre Grenzen: etwa wenn eins der Kids, lieber auf der Couch mit der Schokolade bröselt, anstatt ihm Aufmerksamkeit zu schenken oder das Trio vollkommen gelangweilt einer PR-Sprecherin der Plattenfirma zuhört. Dabei erstaunt, wie schnell die Kinder die Spielregeln der Musikindustrie durchschauen, aber dennoch weiter ihren großen Traum verfolgen. Gebannt schaut man als Zuschauer dieser Entwicklung zu. Ein wenig muss man Breaking a Monster allerdings vorwerfen, den Hype um Unlocking the Truth eifrig mit zu befeuern. Der Grat zwischen dokumentarischem Anspruch und der Gefahr, selbst Teil der Marketing-Strategie zu werden, ist schmal.