The Film Music of Alan Rawsthorne

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Den meisten Lesern dürfte der Name Alan Rawsthorne weniger geläufig sein. Ein Großteil der Neuaufnahmen und Wiederveröffentlichungen klassischer Filmmusik beschäftigen sich hauptsächlich mit den Komponisten des Golden Age. Aus diesem Grund stehen die für das europäische Kino arbeitenden Kollegen größtenteils im Schatten großer Namen wie Korngold, Herrmann oder Steiner. Vor diesen müssen sich Künstler wie Arthur Honegger, Arthur Bliss, Malcolm Arnold oder auch Alan Rawsthorne aber keineswegs verstecken. Auch wenn ihre Musiken nicht dem typischen „Hollywood-Sound“ der damaligen Zeit entsprechen, sind sie denen der amerikanischen Kollegen häufig ebenbürtig.

Mit Alan Rawsthorne widmet sich die Chandos-Filmmusikreihe nun einem ansonsten, was Veröffentlichungen angeht, eher stiefmütterlich behandelten Komponisten zu. Rawsthorne, der 1905 in Haslingden in der englischen Grafschaft Lancashire geboren wurde, arbeitete wie viele andere seiner Kollegen nicht nur für den Film, sondern auch für den Konzertsaal. Innerhalb dieses Schaffens entstanden zahlreiche Orchesterwerke und Streichquartette sowie drei Symphonien. Diese Kompositionen sind zwar nicht immer leichte musikalische Kost, doch sicher eine Empfehlung wert (interessante Reihen dieser Musik gibt es u.a. auf den Labels Naxos und Chandos). Die Filmmusiken Alan Rawsthornes, von denen er insgesamt 27 schrieb, sind hingegen eingängigerer Natur. Die vorliegende Chandos-Einspielung von Rumon Gamba mit der BBC Philharmonic bietet Ausschnitte aus neun Filmen, die im Zeitraum von 1945 bis 1954 entstanden sind.

Den Anfang macht eine 18-minütige Suite aus dem Kriegsdrama The Captive Heart (1946) und Ausschnitte aus den Filmen The Cruel Sea (1952), ebenfalls ein Kriegsfilm, sowie West of Zanzibar (1953). Bei Letzterem handelt es sich um die Fortsetzung des Abenteuerfilms Where no Vultures Fly (1951), in einer zehnminütigen Suite vertreten. Diesen Musiken gemeinsam ist ihre dramatische Intensität, die unmittelbar, packend und mitreißend ist. Uncle Silas (1947), ein im viktorianischen England angesiedeltes Melodram, wird von einem wunderschönen Walzer repräsentiert, der auf ein Violinstück zurückgeht, welches Rawsthorne ursprünglich für seine Frau geschrieben hatte. Im Melodram Lease of Life (1954) setzt ein sterbenskranker Geistlicher alles daran, seiner Tochter ein Musikstudium zu ermöglichen. Dieses musikalische Element setzt der Komponist nach einer dramatischen Einleitung mit einer schönen Klaviereinlage um. Reizvoll sind auch die drei Tänze aus The Dancing Fleece (1950), einer als Ballett angelegten Musik für einen Werbefilm über britische Wolle. Den Abschluss der CD bilden eine Suite aus einem weiteren Kriegsfilm, Burma Victory (1945), und das prächtige Stück aus Saraband for Dead Lovers (1948).

Man muss sich auch bei dieser CD ein wenig einhören, da sie gerade zu Beginn etwas spröde erscheinen mag, doch diese Mühe wird reichhaltig belohnt. Die vielseitigen Stücke bieten brillante, mit viel Finesse komponierte, Filmmusik. The Film Music of Alan Rawsthorne ist eine weitere Perle in der verdienstvollen Chandos-Reihe. Das Orchester spielt vorzüglich und auch das ordentliche Booklet lässt keine Wünsche offen.