Das wahre Leben – Marius Felix Lange

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Dass Deutsche Filmmusik auch wieder abseits der Bilder gehört wird, dafür setzt sich die noch relativ junge Zusammenarbeit zwischen Alhambra und der Zeitschrift cinema musica ein. Neben der Rolf Wilhelm-Reihe geht es vor allem auch darum, jungen Komponisten ein Podium zu geben. Nach Der weiße Afrikaner (2005) und Durch Himmel & Hölle (2007) folgt nunmehr die dritte Veröffentlichung mit aktueller deutscher Filmmusik. Die neue CD widmet sich dem Berliner Marius Felix Lange und dessen Zusammenarbeit mit dem Regisseur Alain Gsponer, aus der die auf der vorliegenden Kompilation vertretenen Musiken zu Das wahre Leben (2006), Kiki und Tiger (2002) sowie Rose (2005) entsprungen sind. Alle drei Filme spielen in der Gegenwart: Das wahre Leben erzählt von einem Topmanager, der seinen Job verliert und dessen Familie zeitgleich in die Brüche geht, während Rose die Geschichte einer Romanautorin thematisiert, die mit ihrer linken 68er- Vergangenheit konfrontiert wird. Kiki & Tiger stellt wiederum eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen einem Balkan-Flüchtling und einem Deutschen serbischer Abstammung in den Mittelpunkt der Handlung.

Charakteristisch für alle drei Vertonungen ist das Spiel eines kleinen Ensembles und der Verzicht auf jegliche Art von Sinfonik. Stattdessen erklingen hübsche kleine Miniaturen mit Instrumentsoli (Gitarre, Flöten, Klarinette) über einem zumeist perkussiv gestalteten Fundament. Recht geschickt kreiert Lange hier filmdienliche Kollagen, die sich prima für ein Gegenwartskino wie das des Regisseurs Alain Gsponer eignen dürften und mischt sie immer wieder mit auf den jeweiligen Filmkontext zugeschnittenen Popsongs (im Falle von Das wahre Leben gesungen von Insa Rudolph, im Falle von Rose rockige Retro-Songs im Stile der 60er). Dabei verleiht die abwechslungsreiche Instrumentierung der Musik durchaus eine gewisse Nähe zu Thomas Newman, ohne allerdings bei diesem – wie es viel zu oft derzeit in der Deutschen Filmmusik geschieht – abzukupfern. Dafür bleibt Langes Arbeit dann doch zu eigenständig. Das beweist auch die im munteren Trio aus dem Rahmen fallende Komposition zu Kiki & Tiger. Die Geschichte um die Freundschaft zwischen einem kosovoalbanischen Flüchtling und einem in Deutschland geborenen Serben begleiten mitreißende Balkan-Rhythmen und Zigeunermusik, die immer wieder an den in Sarajevo geborenen Goran Bregović denken lassen.

Es ist ein leichtfüßiger, abwechslungsreicher Cocktail, der sich hier auf CD präsentiert. Doch darin liegt zugleich auch die Crux: Über nettes Easy Listening kommen die Vertonungen kaum hinaus. Trotz der liebevollen Instrumentierung fehlt immer wieder der letzte Pfiff, um die Musiken über den filmischen Kontext hinaus zu einem attraktiven Hörvergnügen zu machen. Auch wenn der grundsätzliche Verzicht auf übliche filmmusikalische Klischees sympathisch anmutet, ist es wohl ausgerechnet dieses Unprätentiöse, das die Eigenständigkeit der Kompositionen letztendlich mindert und diese immer wieder belanglos wirken lässt.