The Lord of the Rings – The Two Towers – Howard Shore

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Ein ausgefülltes Arbeitsjahr liegt hinter Howard Shore. Für David Finchers Thriller Panic Room und David Cronenbergs neuem Film Spider hat er die Musik geschrieben. Doch diese beiden Arbeiten verblassen gegenüber dem Mammutprojekt, dem sich Shore seit 2001 für drei Jahre verschieben hat: der Opernausmaße annehmenden Vertonung von Peter Jacksons Tolkien-Adaption Der Herr der Ringe. Bereits der erste Teil der Trilogie konnte Kritik und Publikum gleichermaßen begeistern, Herr der Ringe – Die Gefährten, wurde zu einem der erfolgreichsten Filme aller Zeiten und heimste zahlreiche Auszeichnungen ein. Zu den 4 Oscartrophäen gehörte neben Kamera, Maske und den visuellen Effekten auch die Filmmusik von Howard Shore. Der überwältigende Erfolg der Produktion führte zu einer um eine halbe Stunde verlängerten DVD-Fassung, für die der Komponist seine Partitur entsprechend erweitern musste. Im Sommer 2002 fanden aus diesem Grund ausgiebige Neueinspielungen mit dem London Philharmonic Orchestra statt.

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Mit Die zwei Türme erscheint nun der mit Spannung erwartete zweite Akt der Ring-Trilogie. In seiner Musik beschreitet Shore den mit den Gefährten eingeschlagenen Weg stilistisch und konzeptionell fort. Neben dem üppig besetzten London Philharmonic Orchester kommen erneut die kraftvollen Chorgesänge der London Voices neben dem Londoner Knabenchor zum Einsatz. Auch die im ersten Teil eingeführten Themen begegnen dem Hörer wieder: das schwermütige Thema des Ringes, das heroische Thema der Gefährten, das Isengaard-Motiv und die lyrische Melodie für die Hobbits. Sie bilden die Säulen der neuen Komposition. Dazu tritt ein nobles, folkloristisch anmutendes Thema für die edlen Reiter von Rohan. Es ist das einzige prägnante neue Thema der Musik der zwei Türme und erklingt besonders reizvoll in Soli der norwegischen Hardinger-Fiedel. Die musikalische Reise der treuen Gefährten entfernt sich wie das Buch weit vom geliebten Auenland. Während Frodo und Sam sich auf den beschwerlichen Weg ins düstere Mordor machen, muss der Rest der Gemeinschaft Mittelerde gegen die Armeen Saurons verteidigen. Ein aussichtsloser Kampf wie es scheint, und dies reflektiert Shore entsprechend in seiner Komposition. Lyrisch verspielte oder liebliche Klänge sind folglich rar gesät. Ein den „Concerning Hobbits“ von der ersten CD vergleichbares Stück hat The Two Towers deshalb nicht zu bieten. Die Grundstimmung wirkt insgesamt etwas düsterer und spröder, das „Gefährten“-Thema erklingt im Schlussstück zum Beispiel deutlich zurückhaltender und weniger heroisch als zuvor.

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Dass die Einspielung dennoch zu einem prachtvollen Hörgenuss wird, daran haben nicht zuletzt auch die sphärischen Vokalisen und ethnischen Gesänge Anteil. Sie stellen einen weiteren Bezugspunkt zu den Gefährten her und unterstreichen die opernhafte Dramaturgie. Mit ihrem Talent tragen dieses Mal die libanesische Sopranistin Isabel Bayradkarian, die indische Sängerin Sheila Chandra und Elizabeth Fraser von der avantgardistischen Pop-Combo Cocteau Twins zum Gelingen der Musik bei. Einen etwas gewöhnungsbedürftigen, aber perfiden Schlusspunkt setzt die Isländerin Emiliana Torrini (die ein wenig wie Björk klingt) mit dem „Gollum’s Song“. Das Lied weist bereits auf die wichtige Rolle hin, die die mitleiderregende Kreatur im weiteren Verlauf der Handlung einnehmen wird. Wie Gollum mit dem Ring, so ist auch sein unscheinbares Motiv eng mit dem Ringthema verbunden. Für die beiden großen Schlachten des zweiten Filmes (Isengaard und Helms Klamm) gibt es packende Orchesterstücke, in denen Schlagwerk und Bläser in den Vordergrund treten. Auch hier vermittelt die Musik natürlich Pathos und edlen Gestus des Kampfes, verdeutlicht aber auch die grimmige Entschlossenheit der Helden in ihrer verzweifelten Auseinandersetzung mit den Kräften des dunklen Herrschers.

Wie die Filmmusik zu den Gefährten bedarf auch die der Zwei Türme eine gewisse Zeit des Einhörens. Zwar hat man es hier grundsätzlich leichter, da die wichtigsten Themen bereits im ersten Teil eingeführt wurden. Doch ihre ganze Pracht und Finesse entfaltet die Komposition erst nach mehreren Hördurchgängen. Mit ihr ist Howard Shore eine konsequente Fortführung seiner Arbeit gelungen. Auch wenn sich nur wenig grundsätzlich Neues findet, ist diese nicht minder beeindruckend und kraftvoll als die erste ausgefallen. Die Neugierde wie Vorfreude auf den Abschluss der Trilogie im nächsten Jahr ist auf jedem Fall geweckt.