The Lion in Winter – Richard Hartley

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Die amerikanische Produktionsfirma Hallmark-Entertainment steht für kunterbunte TV-Remakes klassischer Filmstoffe mit Starbesetzung. Zu den namenhaften Miniserien gehörten in den letzten zehn Jahren zum Beispiel Alice in Wonderland, Don Quixote, Merlin und On the Beach. Nachdem es jüngst etwas ruhiger um Hallmark geworden war, meldete sich das Studio 2004 mit einer neuen Version von The Lion in Winter zurück. Das zynisch-bitterböse Ränkespiel am Königshof von Heinrich II von England (1133-1189) gehört in der ersten Verfilmung von 1968 zu den großen Kostümfilmen der Kinogeschichte. Dem damaligen Filmkomponisten, John Barry, brachte sie nach Born Free (1964) den zweiten Oscar ein. Die markante archaische Vertonung zählt zu seinen besten Filmmusiken überhaupt.

36 Jahre später tritt nun Richard Hartley in die Fußstapfen Barrys. Hartley ist bei Hallmark kein Unbekannter, versah bereits Alice in Wonderland und Don Quixote mit sehr reizvollen Partituren. War der Musikeinsatz bei Barry noch sehr sparsam und mit viel Gespür für Szenenwirkung gestaltet, handelt es sich bei Hartleys Neuauflage um eine recht umfangreiche Komposition von über einer Stunde Länge. Wie bei seinem (fast gleichnamigen) Kollegen Richard Harvey und dessen Luther-Vertonung spielt das historische Kolorit – hier die Musik des frühen Mittelalters – nur eine untergeordnete Rolle. Kurze folkloristische Einschübe, die Verwendung alter Instrumente und vor allem die feierlichen sakralen Chorgesänge stellen lediglich einen losen Geschichtsbezug her. Da Hartley im Gegensatz zu Barry viele Dialogszenen beschreiten musste, begegnet dem Hörer eine über weite Strecken sehr verhaltene Musik, in der gedehnte Legato-Passagen der Streicher (die überraschend an Howard Shores Herr der Ringe erinnern) im Vordergrund stehen. Für weitere Abwechslung sorgen hübsche königliche Fanfaren und ein an das Finale aus Shakespeare in Love (1998) von Stephen Warbeck angelehnter „End Title“.

Der feierliche Gestus und die lyrische Melodik stehen dabei im krassen Kontrast zu Barrys archaisch-spröder Vertonung. Hartleys Arbeit erreicht zwar zu keinem Zeitpunkt die Intensität und Prägnanz des Originals, verstecken muss sie sich deshalb aber keineswegs. Im Grund geht sie ohnehin dem Vergleich durch ihren konträren Ansatz aus dem Weg. Auch wenn die CD-Fassung mit 63 Minuten etwas zu lang gewählt sein mag, hinterlässt der neue Löwe im Winter insgesamt einen stimmigen, überzeugenden Höreindruck und kann damit als kleiner Geheimtipp des Jahres bezeichnet werden.