The Barber of Siberia – Edward Nicolay Artemyev

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Wie wenig man über die europäische Filmmusik abseits der Hollywood-Produktionen weiß, wird immer wieder an den ambitionierten Partituren von Komponisten, deren Name kaum geläufig ist, deutlich. Ein solcher interessanter Mann ist der Russe Edward Nicolay Artemyev, der für über 120 (hauptsächlich russische) Filme die Musik schrieb, darunter Science-Fiction-Kino wie Solaris (1972), The Mirror (1975) und Stalker (1979) oder zuletzt der oscar-prämierte Film Die Sonne, die uns täuschte (1994).

Seine Karriere begründete der Absolvent des Moskauer Konservatoriums mit den ersten Synthesizerexperimenten Anfang der 60er Jahre, die sich stark der elektronischen Avantgarde zuwendeten. Über diese Arbeiten hinaus schrieb Artemyev auch für den Konzertsaal und die Oper. Sein Hauptbetätigungsfeld bleibt indes aber die Filmmusik. In dieser Tradition steht die fast ausschließlich sinfonische Partitur für Nikita Mikhalkolvs altmodisches Russlandepos The Barber of Siberia, das in Russland ein großer Publikumshit war, in der internationalen Kritik allerdings keine Gnade fand.

Die abwechslungsreiche Musik ist zunächst deutlich geprägt von slawischer Schwermut, der das melancholische Freundschaftsthema gleich zu Beginn der Einspielung, wunderschön von einem Flügelhornsolo interpretiert, Ausdruck verleiht. Es zieht sich als Leitfaden durch eine Komposition von leichten Tänzen („Suprise at the Ball“), pathetischen Märschen und dunkler Orchesterdramatik. Höhepunkte sind das folkloristische „Welcome to Russia“, der dramatische „The Prisoner’s Marsch“ mit wortloser Chorbegleitung und das wunderschöne siebenminütige Endstück „The Love“.

Die handwerklich ordentlich ausgearbeitete Musik überzeugt durch ihren epischen Atem und ihre thematische Vielfalt. Allein einige monotone atmosphärische Passagen trüben das Vergnügen ein wenig. Doch insgesamt bietet The Barber of Siberia ein rundum gelungenes Hörerlebnis, das neugierig auf weitere Musiken des Komponisten macht.