Ivan the Terrible – Sergei Prokofiev

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Sergei Prokofievs Musik zum Eisenstein-Film Iwan der Schreckliche von 1945/46 hat als Oratorium einen festen Platz im Konzertsaal gefunden und ist auf Tonträger in zahlreichen Einspielungen vertreten. In der Bearbeitung von Abram Stasevich, der sie ihr Überleben verdankt, ist die ursprüngliche Gestalt der Musik jedoch nachhaltig verändert worden. Stasevich stellte nicht nur die Reihenfolge der Stücke um, sondern schrieb auch Überleitungen und führte zudem einen Sprecher ein. Die Wirkung des Oratoriums mit ihrem glorifizierenden Pathos ist damit eine andere als die ursprünglich von Prokofiev beabsichtigte. Ein wichtiger Bestandteil der Musik zu Ivan der Schreckliche sind zahlreiche Liturgien der russisch-orthodoxen Kirche, die Prokofiev zusammen mit Eisenstein für den Film auswählte. Diese fehlen im Oratorium und lassen deshalb einen verfälschten Gesamteindruck entstehen.

Es gab also viele Gründe, zu der Partitur des Komponisten zurückzukehren und dessen Vision im ursprünglichen Kontext zu präsentieren. Die vorliegende Neuaufnahme des Tchaikovsky Symphony Orchestras unter der Leitung von Vladimir Fedoseyev widmet sich nun erstmals der kompletten, chronologischen Filmmusik, eingeschlossen der Liturgien. Die Einspielung erlaubt damit den unverfälschten Blick auf diese wichtige russische Filmkomposition aus den 40er-Jahren. Das knapp hundertminütige Werk ist auf zwei CDs verteilt und evoziert großartige Stimmungsbilder. Mit den feierlichen Chorälen und dem zurückhaltenden, noblen Pathos der rein orchestralen Teile entwickelt sich eine meisterhafte Partitur, die einen komplexen, stark opernhaften Charakter besitzt.

Für Prokofiev war Ivan the Terrible die letzte Filmmusik, denn nach dem plötzlichen Tod Eisensteins 1948 lehnte der Komponist jede weitere ihm angebotene Filmvertonung ab. Die Einspielung des Tchaikovsky Symphony Orchesters ist vorzüglich und gehört sicher zu den wichtigsten Filmmusikaufnahmen der letzten Zeit. Das ausführliche und liebevoll gestaltete Booklet geht detailliert auf die Musik und ihre Entstehungsgeschichte ein. Insgesamt macht die Veröffentlichung von Nimbus Records einen erstklassigen Eindruck und ist wärmstens empfohlen.